Erika P. Dellert-Vambe
Was Erika P. Dellert-Vambe beschreibt, ist, wie ein
Lebewesen, das zwischen Mannsein und Transsein schwankt, eine Form von
Zerstörungswillen gegen sich richtet, die Bewusstsein und Körper geradezu in
zwei feindliche Kräfte aufspaltet. Der Körper wird bekämpft, gleichzeitig als
Lustquelle ausgebeutet, aber auf eine Weise, die nur als Raubbau bezeichnet
werden kann. Extreme Selbstzerstörung macht auch den Sexpartner zum Komplizen
der Autoaggression, die so provokant und verlockend ist, dass kaum jemand
widerstehen kann. Der Schrei nach Liebe ertönt kaum jemals ohne die
Begleitakkorde von Schmerz, Ekel und Extase. Die Autorin treibt alle
Situationen im Lauf der Serie mehr und mehr in eine Ausweglosigkeit, denn ihr
Held Heinrich — und heldenhaft ist er! — bringt sich selber in Lebensgefahr
oder gerät in solche, wenn seine Provokationen aus dem Ruder laufen, wenn er
nicht nur an geile Lover, sondern an Männer gerät, die es ernst meinen, wenn
sie ihre Wut und ihren Hass auf ihn richten. Selbst gefährliche Verletzungen
immer noch mit einer Form von Lust hinzunehmen geht weit über das hinaus, was
wir von sadomasochistischen Aktionen erleben. Es läßt alle Partyspiele hinter
sich, selbst die, die noch tagelang durch regenbogenfarbige Striemengemälde
sichtbar sind. Auch dergleichen verblasst im Vergleich zu Heinrichs turbulenter
Gratwanderung am Rand des Todes. Dem Leser ist abgefordert, angesichts von
Entsetzen und Ekel mit dem Lesen aufzuhören, abzustumpfen oder sich auf die
Suche nach dem zu machen, was auch Heinrich sucht. Bei allem Missbrauch, den er
in der Kindheit und im Heranwachsen erlebt hat, weiß er, was Liebe ist, was
Schönheit, Zartheit, Zuneigung, Verlust und Trauer. Der schlimmste Verlust, den
ein Mensch erfahren kann, der des eigenen Kindes, zeigt die Tiefe, mit der er
zu empfinden vermag.
Was also sucht er? Ist es die dualistische Idee von der
Seele, die den Körper als leidvolles Gefängnis erfährt, die Qual, im Fleisch
festgehalten zu werden? Ist es die Sehnsucht danach, über den Körper zu
triumphieren, indem man ihn vernichtet, ohne die Kontrolle über den Geist ganz
zu verlieren? Denn sich umzubringen kann man auch schneller und vermutlich
schmerzloser haben.
Wie diese Suche enden wird, kann uns nur die Autorin
verraten, die an einem siebten Band der Reihe arbeitet. Wird sie darin
auflösen, was Heinrichen antreibt (sorry, das verlangte eine biedermeierliche
Beugung) — werden wir erfahren, was das Ende seiner letztlich mystischen
Erlösungssuche sein wird? Diese Spannung wurde im 6. Band nur gelindert, indem
man denkt, ein Ich-Erzähler stirbt nicht. Oder doch nicht mittendrin. Aber die
skrupellose Erika wäre imstande...
Der Schmerzensmann, den sein Leid bisher nicht heiligt, sondern durch Höllen führt, steht somit in einer weltanschaulichen Tradition, die jedoch meines Wissens noch niemand so radikal in die Tiefen verfolgt hat, wie es Erika P. Dellert-Vambe tut. Mit der Coolness einer routinierten Chirurgin sieht sie die Exzesse ihres Helden, lässt ihn sterben und auferstehen. Ich bin sehr gespannt, was sie ihn noch durchmachen lässt.
Der Schmerzensmann, den sein Leid bisher nicht heiligt, sondern durch Höllen führt, steht somit in einer weltanschaulichen Tradition, die jedoch meines Wissens noch niemand so radikal in die Tiefen verfolgt hat, wie es Erika P. Dellert-Vambe tut. Mit der Coolness einer routinierten Chirurgin sieht sie die Exzesse ihres Helden, lässt ihn sterben und auferstehen. Ich bin sehr gespannt, was sie ihn noch durchmachen lässt.