Dienstag, 26. März 2019

Leseprobe: Dox findet das Archiv der Zöpfe



Amba/Dox ist ein junger Kriegerschüler und Schüler des Zaren von Weliki Nowgorod. Er neigt zu Visionen.
Auch diese Geschichte spielt in etwa unserer Zeit in einer Parallelgesellschaft. Lingo Real ist eine Art Esperanto dieser Minderheit. Nur Amba und Nanajez (der Zar) gehören dazu. Die übrigen Personen, die hier auftreten, sind "normale" Menschen, sie gehören zum Archäologenteam des Historischen Museums.
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Sergej, der eine Latzhose mit Werkzeugen trug, ging voraus, stieg hinab und machte viele Fotos. Er hatte auch einen Besen mitgenommen, den trug ich solange. Auf dem Treppenabsatz wartete ich, bis er die Treppe hinter sich gelassen hatte, dann erst folgte ich. Podmorskij hatte ein Funkgerät dabei, das ihn mit Ludmilla verband, und Taschenlampen hatten wir nun auch.

Wir spazierten vorsichtig über die grauen Bohlen. Dicker Staub lag auch hier.
Angeblich war die Basis des Turms aus Mauerwerk, und der Hohlraum sei mit Schutt gefüllt worden.
Ich versuchte, die Stelle zu finden, wo ich durch den Spalt geschaut hatte. Aber die Bretter schlossen dicht aneinander, so dass es nirgends möglich war, in den Raum unter ihnen hineinzusehen.
»Heben wir doch eine Bohle an, die sind nicht lang«, schlug Sergej vor. Zur Sicherung der Fakten machte er erst einmal eine Reihe Fotos. Dann hebelte er eine Bohle aus ihrem Lager, indem er einen großen, dicken Schraubenzieher benutzte, und hob zusammen mit mir das Brett vorsichtig hoch. Der Direktor leuchtete uns mit einer starken Taschenlampe. Eine Staubwolke wirbelte auf, tanzte einen Funkenreigen im Lichtstrahl der Taschenlampe und raubte mir den Atem.

Und da waren sie, die Kästen oder Kartons, auch das vor Staub nicht erkennbar. Aufgetürmt, ebenfalls dick mit Staub bedeckt, erreichten sie fast die Decke des Raums.
»Ah, da sind sie ja«, sagte ich erfreut, »und da ist der Kasten mit der Jahreszahl 1696.«
Ich wischte den Staub mit dem Besen weg, ehe Protest kommen konnte, und die Zahl wurde sichtbar.
Podmorskij starrte mich fassungslos an.
»Woher wusstest du das?«
»Ich habe durch den Spalt geschaut«, antwortete ich.
»Da war nichts zu sehen!«, widersprach er, »die Bretter liegen dicht an dicht, und auch das Licht hätte nicht gereicht.«
»Sollten wir einen zur Probe bergen?« schlug ich vor, um von dem Phänomen abzulenken.

Der Blick hinunter in den Raum machte mich schwindelig. Es mochten wohl 3 Meter Raumhöhe sein, die uns vom Boden der Kammer trennten, und nahmen vielleicht die gesamte Fläche der Turmbasis ein. Wir entfernten das zweite Brett, legten die beiden quer über die Öffnung und hoben den Karton heraus. 
Es war kein Karton, sondern ein solider Holzkasten von einigen Kilo Gewicht. Wir verschlossen den Boden wieder mit den Dielen und trugen den Kasten zur Treppe. Wir mussten sehr vorsichtig gehen, denn die Bretter wippten unter dem nun größeren Gewicht gefährlich. Ich war heilfroh, als wir die Treppe hinter uns hatten. Zum Glück besaß der Kasten Tragegriffe an den Schmalseiten. Da meine Atemnot sich verschlimmerte, bestanden die beiden anderen Männer darauf, das Fundstück zu tragen, und so erreichten wir unter Schnaufen und Keuchen die Tür.

Ludmilla und Nanajez hatten bereits einen der Tische aufgebaut, die an der Wand bereitgestanden hatten, und die Kiste wurde abgesetzt. Ludmilla hatte auch einen alten Staubsauger aufgetrieben, asthmatischer als ich, und unter den wachsamen Augen der Wissenschaftler und fleißigem Fotografieren wurde der Fund entstaubt. Sogar vom Staub verwahrten sie Proben, um eine Pollenanalyse durchzuführen.
Und da war dann die Aufschrift auf dem Deckel zu lesen, die vorher komplett vom Staub verdeckt gewesen war.
Es war Lingo Real in kyrillischer Schrift.
Nanajez übersetzte.
»Unseren Geliebten zum Gedenken verwahren wir hier ihre letzte Gabe. Möge Gott ihnen gnädig sein und ihnen vergeben. Petschory/Petseri/Petschur, Anno Domini 1612—1696.«

»Amba, Sie weinen ja!« rief Ludmilla gerührt. Denn sie sah die nasse Spur, wie sie sich durch den Staub auf meinen Wangen zog, »was um Himmelswillen ist das denn?«
»Es sind abgeschnittene Zöpfe unserer Toten«, antwortete ich mit versagender Stimme.

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"Homsarecs!" 4: Amba und der Zar (Arbeitstitel)
#Homsarecs #urbanfantasy

Dienstag, 12. März 2019

Der Zar und der Priester


»Wann wird er bestattet?« fragte der Zar.

»In zehn Tagen«, sagte der Priester, »so hat er es angeordnet in seinen letzten Stunden. Wir glaubten noch, wir könnten ihn retten, aber dann ging es ganz schnell. Er hat Papiere für Sie hinterlassen, sie sind an ‘seinen Nachfolger, den neuen Zaren’ adressiert, das sind Sie doch?«
Nanajez zog seine Akkreditierung hervor und legte sie auf den Tisch, der Mönch prüfte sie.
»Meinen Glückwunsch«, sagte er, »Sie wissen, wir sind nicht mit allem einverstanden, was Ihren Lebensstil betrifft, das macht es uns nicht leicht, Sie als einen Zaren anzuerkennen.«
»Ich maße mir nicht an, Zar aller Reußen zu sein, sondern nur der unseres kleinen, seltsamen Volkes, ehrwürdiger Vater«, sagte Nanajez leise und in demütiger Haltung.
 »Unser aller Zar ist Christus. Entscheidend ist, ob wir alle Gutes tun«, fuhr der Priester fort, »hier sind die Dokumente, ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand.«

Tag 31: Was sind deine nächsten Ziele, und welche Schritte stehen dir als Nächstes bevor?

  #charactersofoctober #desschreiberswildeträume Fido: Mein Ziel ist es, den Kurs der Annäherung von Menschen und Thieren weiter zu verfo...