"Kann nicht jeder seinen eigenen BDSM erfinden?"
Was immer an Machtgefälle und Abhängigkeit in der Geschichte praktiziert wurde, es begann erst, SM oder BDSM zu sein, als jemand sich darüber Gedanken gemacht hat, welchen Zusammenhang es zwischen Sexualität und Zwang/Schmerz/Fesselung gab. Und das begann mit dem Marquis de Sade und ähnlichen Denkern. BDSM begann, sich von Sklaverei zu unterscheiden, als die Idee der Freiwilligkeit und damit das Nachdenken über diese Art von Knechtschaft und Hingabe einsetzte. Somit gab es Theorie und Praxis, Aktionsebene und Metaebene, Tun und Nachdenken über dieses Tun.Ich gehe so weit zu sagen: Ohne diese beiden Ebenen ist es kein BDSM, sondern ganz normale Sklaverei, wie wir sie seit Jahrtausenden hatten.
Machtgefälle und das Spiel mit Schmerz kann natürlich spontan entstehen. Das liegt wohl in der Triebnatur des Menschen, erweitert um seine Kultur oder auch Unkultur, wenn es sich um Gewalt handelt, die nicht einvernehmlich ist.
Um dies aber abzugrenzen von wirklicher Gewalt, braucht es Reflexion und Regeln. Es müssen, damit keine traumatischen Erfahrungen entstehen, Grenzen eingeführt werden. Wir lassen ja auch die Kultur und Zivilisation nicht in jeder Generation neu erfinden. Da kämen wir weit. Ebenso bin ich überzeugt, dass zu spontanem SM unbedingt auch die Kultur des SM gehört. Wo nicht, da verwildert er und da ist jeder Art von Übergriffen die Tür geöffnet.
Wenn es eine Warnung gibt -- sagen wir: "Öffnen Sie die Packung nicht mit einem Teppichmesser", dann gibt es die Warnung, weil sich schon mal jemand dabei verletzt hat.
Und es gibt die Bücher, vor allem die zur Sicherheit, weil sich schon mal jemand dabei verletzt hat.