Freitag, 21. April 2017

Auf die Gefahr zu predigen...



Was ich meinte, wie wir das machen
mit der häuslichen Harmonie...


Eigentlich sind wir so extrem verschieden, daß ich anfangs dachte, wir würden gar nicht zusammenpassen.
Wie lebt man nach 20 Jahren immer noch harmonisch zusammen, auch wenn die einstige Top-Sub-Beziehung ein Miteinander auf Augenhöhe geworden ist, auch wenn ein Partner sich in einer neuen Beziehung befindet, wir aber weiter zusammenleben?
Die Grundsätze von SSC haben immer noch ihre Bedeutung, auch wenn wir nicht mehr „spielen“ oder etwa TPE haben, was wir nie hatten. Aber der Umgang mit dem Partner ist bei uns beiden stark von den Grundsätzen der BDSM-Kultur geprägt worden, und das ist immer noch von großer Wichtigkeit.
Ohne das Zutun Dritter haben wir uns noch nie gestritten, waren allenfalls verschiedener Meinung und haben das in einem ruhigen Gespräch geklärt.
Inzwischen lauten die Regeln:

1.        Immer fragen, ob der andere etwas möchte (Licht, Luft, Fenster auf, Musik an/aus etc.) Wenn etwas nicht gemocht wird, wird es ohne Nachfragen oder Maulen abgestellt. Wenn die Wünsche wirklich verschieden sind — einer möchte lesen und fühlt sich durch Musik oder Fernsehen gestört, der andere möchte Unterhaltung —, gibt es Kopfhörer. Wir haben getrennte Schlafzimmer, das ist vielleicht auch ein Grundpfeiler unserer Harmonie, weil unsere Tagesrhythmen sehr verschieden sind.
2.        In der Freizeit halten wir uns außer zum Schlafen möglichst im selben Raum auf und regeln Bedürfnisse nach § 1. Alle Unstimmigkeiten werden besprochen, aber das Bedürfnis zu schweigen und/oder sich zurückzuziehen wird fraglos respektiert, spätestens, wenn der Grund dafür klar ist. Später wird eine bessere Zeit sein, um drüber zu reden. Man soll die Segel nicht zu flicken versuchen, während der Sturm anhält.
3.        Stoppsignale werden frühzeitig erkannt und respektiert.
4.        Der Beginn einer Aktivität (Abendbrot vorbereiten etc.) ist außer bei großer Müdigkeit ein Signal, dabei zu helfen; Aufforderungen ergehen nicht.
5.        Höfliche Formulierungen werden auch nach 20 Jahren Beziehung immer noch verwendet. Wir fragen freundlich nach, entschuldigen uns für Unaufmerksamkeit und sagen uns oft Dinge der positiven Bestärkung.
6.        Gegenseitige Kritik wird so selten wie möglich geäußert. Wir lassen einander die Chance, Fehler selber zu erkennen. Vor allem vermeiden wir „du bist...“-Sätze, allenfalls beziehen wir uns auf das Tun oder Lassen. Aber dann in der Form einer höflichen Nachfrage: „Bringst du noch den Plastikmüll raus?“ anstatt: „Du hast den Plastikmüll noch nicht rausgebracht“.
7.        Ich habe ihn noch nie belogen, und ich glaube daran, daß er mir auch immer die Wahrheit sagt. Ein Effekt dieser Disziplin ist, daß es niemandem gelungen ist, uns durch Verleumdung auseinanderzubringen, denn wenn wir das klären, glaubt er mir und ich ihm. Allenfalls kann Irrtum oder Übertreibung angenommen werden, wenn Widersprüche auftauchen.
8.        Es gab Situationen, in denen es schwer war, diese Grundsätze einzuhalten, denn sie funktionieren vor allem im Normalfall. Dennoch halten wir bestimmte Eckpunkte auch in großen Krisen ein, das ist: Den anderen nicht in seiner persönlichen Integrität anzugreifen; nicht weiter zu fragen, wenn der andere nicht drüber reden will; nicht zu „nerven“ — und vor allem provozierende, destruktive oder andere böswillige Handlungen völlig zu unterlassen. Damit erreichen wir auch, daß der emotionale Pegel nicht in ein unkontrolliertes Handeln oder Taten aus Wut umschlägt. Wir sind uns dessen bewußt, daß „zerschlagenes Porzellan“ immer einen sichtbaren Riß behält, selbst wenn man es mit Gold flickt, wie es die Japaner machen.
9.        Wir schützen unser Zuhause als Refugium und lassen auch keine Störung durch Dritte zu. Nur Personen, die beiden Partnern genehm sind, haben Zutritt.
http://www.lakesidepottery.com/Pages/Kintsugi-art-example-gallery.htm
http://loveumentary.com/the-art-of-being-broken/

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