Wer schon vor 25 Jahren erwachsen war unter denen, die dies lesen, kann sich daran erinnern, dass das Coming Out einer sexuellen Abweichung von der damaligen Norm schmerzhaft war. Man ließ es andere nicht wissen, es sei denn, der andere signalisierte vorsichtig, dass er auch dazugehörte -- dabei denke ich vor allem an die Schwulen, deren Situation ich in den 70ern, 80ern ganz aus der Nähe beobachten konnte.
Wer sich selber als sexuell abweichend erkennt, hat quasi einen Knick in der Biografie: Es gibt eine Phase, in der wir erkennen, dass wir nicht ins Schema passen, und in der Situation fand man früher auch wenig Hilfe. Ich jedenfalls dachte darüber nach, indem ich auf die Trümmerlandschaft meiner bisherigen Beziehungsversuche zurückschaute, dass ich wohl missraten sein müsse. Ein Huhn, das kräht -- und denen man beizeiten den Hals umdrehen sollte, wie das Sprichwort sagt. Ich wusste nur, ich will's anders haben. Konventionell macht es mir keinen Spaß. Ich bin "andersrum" -- aber lesbisch auch nicht, probiert und verworfen, aber was dann??
So einen Knick in der Biografie haben viele, den haben Transgender, die fühlen, dass sie im falschen Körper sind, den haben Homosexuelle, wenn sie entdecken, dass das eigene Geschlecht sie so reizt, wie das andere es eigentlich sollte.
Auch devote Männer, sofern sie nicht nur einer Mode folgen und eigentlich Paschas sind, die sich mal verwöhnen lassen wollen, nur anders; sondern wenn sie wirklich devot sind und Lust haben, echt zu dienen, müssen so eine Klärung durchmachen, in der sie sich fragen, was mit ihnen nicht stimmt.
Es gibt auch Männer, die ihr Bedürfnis, ein Top und sadistisch zu sein, selber kritisch hinterfragen. Sie gleichen sich an einem Gentleman-Ideal ab und bemühen sich, den Gentleman und den Werwolf unter einen Hut zu bekommen.
Und es gibt Frauen, die das Ideal, emanzipiert, selbständig, berufstätig und aktiv zu sein, kennen, die es vielleicht erlernt haben und die am liebsten vor dem Herrn knien und den Blick senken.
Diese beiden letzten Rollenideale können aber auch ohne "Knick in der Biografie" gelebt werden.
Kommt euch das bekannt vor?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich auf Deine Meinung!