Dox ist ein junger 'Gardo' in der Ausbildung als Palastwache im Dienst eines Homsarec-Fürsten. Mit 16 soll er sich bei seinem Ausbilder melden und fährt zu diesem Zweck nach Veliki Nowgorod.
»Aber Nanajez von den Pfauen ist doch hier?« versuchte ich es ein letztes Mal.
»Aber Nanajez von den Pfauen ist doch hier?« versuchte ich es ein letztes Mal.
»Schon, aber er lässt niemanden vor«, war die
entmutigende Auskunft. Und ein anderer feixte und bemerkte, ich könne mich ja
schon mal in die Audienzliste eintragen.
»Würdet ihr mir wenigstens erlauben, ihm eine
Notiz zu hinterlassen?« fragte ich verzweifelt, und das wurde mir dann
gestattet. Ich schrieb also ein auch in aller Kürze höfliches Briefchen, in dem
ich ihn bat, Kontakt mit Dox von den Tigern, Sohn der Sarx, aufzunehmen, und
nannte die Adresse, bei der ich unterkommen konnte. Die Wache stopfte sich den
Zettel in die Tasche, so dass meine Hoffnung schwand, dass er sich drum kümmern
würde.
Also wanderte ich verfroren, hungrig und
frustriert zu dem Haus, das mir als Unterkunft genannt worden war. Schon als
ich eintrat, polterten zwei betrunkene Cros hinaus und bedachten mich mit
freundlichen Flüchen und einen kräftigen Klaps auf den Po. Ich tappte durch
einen nach Kohl riechenden Korridor und versuchte, mich an den Namen eines der
Mitreisenden zu erinnern. Aber da war nichts. Es schien ihnen nichts
auszumachen, einer kam auf den Korridor, um nachzusehen, wer da hereinkam,
umarmte mich kräftig, »sei gegrüßt, Bruder!« und zog mich in einen Raum, in dem
geheizt war, getafelt wurde und wo Unsrige versammelt waren. Der, mit dem ich
aus dem Bus gestiegen war, schien nicht hier zu sein, dafür eine lustige
Gesellschaft, die bei den Speisen tüchtig zulangte und Gastgebern, die auch
gleich mir einen Teller mit Teigtaschen, Frikadellen und Kohlsalat füllten.
Ich war gerettet.
Vorerst.
Natürlich versuchten sie sofort, mir Wodka
einzutrichtern. Ich tat so, als tränke ich mit ihnen, goss meinen Wodka in das
leere Glas des Mannes neben mir, der just in ein Streitgespräch verwickelt war.
Selber füllte ich mein Glas heimlich mit Wasser und prostete allen Anwesenden
zu.
Ich bemerkte wohl die feurigen Blicke einiger
Anwesender. Wie meist, weckte ich die Begierde. Ich war jung und hübsch, und
ich war mir nicht sicher, wie ich meinen Arsch über diesen Abend retten würde,
denn dass ich einem Meister versprochen war, schrumpfte in diesem Kreis zu
einer reinen Schutzbehauptung zusammen. Ich war ja immer noch ohne Ohrringe,
wovon sich schon einige der Brüder durch einen raschen Griff in meine Haare
überzeugt hatten. Und wie der Alkoholgehalt im Blut der Unseren stieg, fühlte
ich mich immer kleiner und zunehmend ausgeliefert.
Es war erst halb fünf am Nachmittag, aber es
dunkelte schon, was ich nun zum ersten Mal in diesen Breiten bewusst erlebte;
denn gestern hatte ich in der Sorge um Ganassan die Zeit vergessen. Ich fragte
also nach dem Weg zum Klo, hätte es auch ohne Wegweiser am Geruch gefunden,
erleichterte mich hastig, griff mir dann mein Wintertuch und den Schultersack,
beides bei der Tür deponiert, und stieg in den Oberstock, um diesen zu
erkunden. Denn ich wusste, sie würden mich draußen suchen; und wohin hätte ich
gehen sollen? Es war frostig und dunkel, ich kannte niemanden außer dieser
fröhlichen Runde, und sie würden mich ausgerechnet hier oben sicher nicht
suchen. Hier waren Zimmer, in denen je mehrere von uns wohnten, wie die Ablagen
im Flur verrieten. Am Ende des Korridors fand ich eine unverschlossene
Abstellkammer, in der ich mir auch ein Nachtlager würde machen können. Denn hier
gab es Bettzeug und Decken, gelagert für den Fall größerer Besuchereinfälle,
wie bei uns üblich. Ich war satt, zudem noch mit einem Stullenpaket aus
Petschory ausgestattet. Und eine Wasserflasche hatte ich auch. Wenn alle
schliefen, würde ich mir eine Mitfahrgelegenheit suchen, zurück nach Sukent,
und diese Reise wäre gescheitert.
Etwas länger nur, als Pinkeln durchschnittlich
dauert, brauchten die Brüder, um zu begreifen, dass ich nicht zurückkam. Hatten
mich also voll auf dem Schirm. Sie polterten durch den Gang und riefen nach
‘Dox’, der ‘Süßen’, wo sie denn wohl steckte, riefen einander zu: »Hier ist sie
nicht!«, immer, nachdem sie eine Tür geöffnet hatten. Die homophoben Machos.
Können nicht zugeben, dass sie schwul sind. Selbst die Unsrigen sind hier so
drauf! Russland halt.
Sie rannten von einem Zimmer zum anderen und
öffneten die Türen, und in einem langgestreckten Mietshaus wie diesem mochten
wohl einige Dutzend Leute wohnen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie auch
diese Kammer inspizierten, und mich unter den Decken zu vergraben würde mir
nicht helfen, sie lasen mich auf diese kurze Distanz.
Und ich las ihre Gier.
Ich erwartete also mein Schicksal und nahm es als
die karmische Folge dessen hin, was ich Purix angetan hatte.
Aber da las ich noch jemanden. Ich fühlte,
dass mein Meister mich suchte. Das heißt, er baute auch von sich aus eine
Verbindung zu seinem neuen Pais auf! Er schicke jemanden nach mir, war die
Botschaft. Aber solange sein Bote nicht nah genug war, rührte ich mich nicht.
Da riss jemand die Tür auf und schrie: »Hier ist
er!«
Weitere Schritte wurden auf der hölzernen Stiege
hörbar und näherten sich durch den Korridor.
»Was machst du denn hier?«
»Wolltest du denn schon schlafen? Und auch noch
allein?«
»Ach ja, er sagte, er hat einen Meister, wer soll
denn das sein, der Zar vielleicht?«
Brüllendes Gelächter aus fünf, sechs besoffenen
Kehlen folgte dieser Frage.
»Komm, Süße, zier dich nicht!« Und unter dem
grölenden Gesang eines Volkslieds zogen sie mich hoch und zwangen mich zu einem
eng umschlungenen Tanz durch den dunklen Korridor: »Bleib doch stehn, bleib
steh-he-hen, du Allerschönste mei-hein, lass mich dich bese-hen, Freude sollst
mir sein!«
»Ты постой, постой, красавица моя,
Дозволь наглядеться, радость, на тебя!«
Sie hatten mir schon das Wintertuch und meinen
Schultersack entwunden, und nun bugsierten sie mich ins Wohnzimmer, wo einer
eine Decke über die Chaiselongue breitete, und was das hieß, musste mir niemand
erklären. Schon schoben und hoben sie mich auf das Möbel, und der Verfolger,
der mich in der Kammer entdeckt hatte, besaß offenbar das Recht des ersten
Ficks und spreizte mir die Backen, und ich fühlte etwas Kühles, soviel
Rücksicht besaßen sie immerhin, mich zu gelen.
Ein Weiterer wühlte mir in den Haaren. Ich zählte
sechs, die mich umstanden und die Aktivität ihres Alpharüden beobachteten.
»Hört auf, ich gehöre Nanajez von den Pfauen!«
schrie ich, »ich bin ihm gegeben! Durch meine Mutter!« Aber der Anführer
versenkte sich bereits mit einem schmerzhaften Stoß in mir. In diesem Moment
erklangen Schritte schwerer Stiefel auf der Treppe und waren schon im Zimmer.
»Auf der Stelle lasst ihr ihn los!« erklang eine weibliche
Stimme in herrischem Alt, und eine Amazone in voller Kampftracht stand mit gezückter
Lanze im Raum. Meinem Beschäler schrumpfte sofort das Volumen.
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