Was
ich meinte, wie wir das machen
mit der häuslichen
Harmonie...
Eigentlich sind wir so extrem verschieden, daß
ich anfangs dachte, wir würden gar nicht zusammenpassen.
Wie lebt man nach 20 Jahren immer noch
harmonisch zusammen, auch wenn die einstige Top-Sub-Beziehung ein Miteinander
auf Augenhöhe geworden ist, auch wenn ein Partner sich in einer neuen Beziehung
befindet, wir aber weiter zusammenleben?
Die Grundsätze von SSC haben immer noch ihre
Bedeutung, auch wenn wir nicht mehr „spielen“ oder etwa
TPE haben, was wir nie
hatten. Aber der Umgang mit dem Partner ist bei uns beiden stark von den
Grundsätzen der BDSM-Kultur geprägt worden, und das ist immer noch von großer
Wichtigkeit.
Ohne das Zutun Dritter haben wir uns noch nie
gestritten, waren allenfalls verschiedener Meinung und haben das in einem
ruhigen Gespräch geklärt.
Inzwischen lauten die Regeln:
1.
Immer fragen, ob der andere etwas möchte (Licht,
Luft, Fenster auf, Musik an/aus etc.) Wenn etwas nicht gemocht wird, wird es
ohne Nachfragen oder Maulen abgestellt. Wenn die Wünsche wirklich verschieden
sind — einer möchte lesen und fühlt sich durch Musik oder Fernsehen gestört,
der andere möchte Unterhaltung —, gibt es Kopfhörer. Wir haben getrennte
Schlafzimmer, das ist vielleicht auch ein Grundpfeiler unserer Harmonie, weil
unsere Tagesrhythmen sehr verschieden sind.
2.
In der Freizeit halten wir uns außer zum
Schlafen möglichst im selben Raum auf und regeln Bedürfnisse nach § 1. Alle
Unstimmigkeiten werden besprochen, aber das Bedürfnis zu schweigen und/oder
sich zurückzuziehen wird fraglos respektiert, spätestens, wenn der Grund dafür
klar ist. Später wird eine bessere Zeit sein, um drüber zu reden. Man soll die
Segel nicht zu flicken versuchen, während der Sturm anhält.
3.
Stoppsignale werden frühzeitig erkannt und
respektiert.
4.
Der Beginn einer Aktivität (Abendbrot
vorbereiten etc.) ist außer bei großer Müdigkeit ein Signal, dabei zu helfen;
Aufforderungen ergehen nicht.
5.
Höfliche Formulierungen werden auch nach 20
Jahren Beziehung immer noch verwendet. Wir fragen freundlich nach,
entschuldigen uns für Unaufmerksamkeit und sagen uns oft Dinge der positiven
Bestärkung.
6.
Gegenseitige Kritik wird so selten wie möglich
geäußert. Wir lassen einander die Chance, Fehler selber zu erkennen. Vor allem vermeiden
wir „du bist...“-Sätze, allenfalls beziehen wir uns auf das Tun oder Lassen.
Aber dann in der Form einer höflichen Nachfrage: „Bringst du noch den
Plastikmüll raus?“ anstatt: „Du hast den Plastikmüll noch nicht rausgebracht“.
7.
Ich habe ihn noch nie belogen, und ich glaube
daran, daß er mir auch immer die Wahrheit sagt. Ein Effekt dieser Disziplin
ist, daß es niemandem gelungen ist, uns durch Verleumdung auseinanderzubringen,
denn wenn wir das klären, glaubt er mir und ich ihm. Allenfalls kann Irrtum
oder Übertreibung angenommen werden, wenn Widersprüche auftauchen.
8.
Es gab Situationen, in denen es schwer war, diese
Grundsätze einzuhalten, denn sie funktionieren vor allem im Normalfall. Dennoch
halten wir bestimmte Eckpunkte auch in großen Krisen ein, das ist: Den anderen
nicht in seiner persönlichen Integrität anzugreifen; nicht weiter zu fragen,
wenn der andere nicht drüber reden will; nicht zu „nerven“ — und vor allem provozierende,
destruktive oder andere böswillige Handlungen völlig zu unterlassen. Damit
erreichen wir auch, daß der emotionale Pegel nicht in ein unkontrolliertes
Handeln oder Taten aus Wut umschlägt. Wir sind uns dessen bewußt, daß „zerschlagenes
Porzellan“ immer einen sichtbaren Riß behält, selbst wenn man es mit Gold
flickt, wie es die Japaner machen.
9.
Wir schützen unser Zuhause als Refugium und
lassen auch keine Störung durch Dritte zu. Nur Personen, die beiden Partnern genehm
sind, haben Zutritt.
http://www.lakesidepottery.com/Pages/Kintsugi-art-example-gallery.htm
http://loveumentary.com/the-art-of-being-broken/