Aus: "Homsarecs! Band 2: Der Doge und sein Sklave"
Neue Fassung, in Arbeit; demnächst als e-Book erhältlich.
An diesem Tag fuhr der Doge nach Berlin, wo er bei
Palomas Familie zu Gast sein würde. Als Hemyarik, der ebenfalls bei Paloma
eingeladen war, hörte, dass Seine Exzellenz der Doge kommen würde, bat er
seinen Herrn Josef schamrot darum, er möge ihm eine Begegnung mit ihm ersparen.
Denn es gab da eine Geschichte, die ihm in peinlicher Erinnerung war.
„Erzähl!“ forderte Josef ihn auf. Hemyarik wand
sich wie ein Wurm. Aber Josef erließ es ihm nicht.
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Hemyarik |
„Ich war so langsam wieder auf den Beinen, nach
dem Sepuku...“ Seine Stimme versagte noch einmal, und er setzte neu an:
„Nachdem ich versucht hatte, mich zu töten, brauchte ich lange, bis ich wieder
fit war. Und alle die Zeit stand ich unter der Anklage des Hochverrats. Ich war
aber auf freiem Fuß, weil ich nicht in der Lage war zu flüchten, und ich hatte
auch immer eine Bewacherin an meiner Seite, eine Amazone. Da machte mir das
ducale Büro den Vorschlag, den Dogen öffentlich um Vergebung zu bitten. Das war
auf jeden Fall besser als Verbannung oder Haft. Es war sogar recht milde, denn
ich hatte ja den Dogen beleidigt. Und ich fühlte, dass du auch wolltest, dass
ich mich dem Dogen unterwerfe...“
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Josef |
„Ja, das stimmt. Natürlich wusste ich nicht, ob
meine Botschaft bei dir ankommen würde.“
„Ist sie, lieber Herr! Also bin ich im grauen
Büßergewand in den Dogenpalast gegangen. Und ich musste zwischen allen
Abgeordneten durch den Mittelgang gehen. Oh Mann, was für ein Spießrutenlauf.“
„Daran stirbt man nicht.“
„...gut, dann musste ich das Gewand ablegen und
stand im grauen Lendentuch da, habe mich dreimal bis auf den Boden verbeugt und
mein Schuldbekenntnis gesprochen, und die Biester riefen: ‘Lauter! Lauter!’
Also habe ich es wohl fünfmal, nicht dreimal gesprochen. War mir nun vergeben?
Nein. Das Gesetz verlangte damals noch eine Körperstrafe, die der Beleidigte
durchführen oder delegieren konnte. Und unser Herr Tanguta nahm den Stock,
nachdem er sich ausgezogen hatte. Nun stoppte er noch mal und ließ mich da
nackt knien, weil er noch klären wollte, ob ich vor Zuschauern bestraft würde.
Er ließ also eine Abstimmung durchführen.“
Josef kicherte. Hemyarik zog ein Gesicht, steckte
das aber weg.
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Der Doge |
„Er ließ die Sala de Thing abstimmen, ob die
Bestrafung öffentlich oder nichtöffentlich durchgeführt werden sollte. Ich
dachte, oh mein Gott, wie lange lässt der mich hier schmoren, ich hatte schon
ganz kalte Knie und Hände. Und dann macht er das noch als Hammelsprung, also er
ließ die Abgeordneten rausgehen, die Befürworter der öffentlichen Bestrafung
gingen also auf den Hof und die Gegner in das Kabinett. Und weißt du was er
dann machte? Er ließ die Freunde der öffentlichen Strafen nicht rein! Nur die
Gegner durften wieder in den Saal, ein paar Fotografen von der Presse waren
auch dabei, und somit, sagte er, sei ja genügend Öffentlichkeit hergestellt.
Und die Amazonen mussten die Mehrheit draußen halten. Dann legte er die ducalen
Insignien ab, auch den Siegelring, sagte: ‘Ich bin ein Mann wie du’, nahm den
Stock und verpasste mir Zehn, die ich mitzählen und für die ich danken musste.
Dann zog er sich wieder an, legte den Siegelring an und die Kappe und war wieder
der Doge. Er ließ sich das Protokoll vorlesen und korrigierte, nicht der Doge
hätte den Delinquenten geschlagen, sondern Tanguta.
Dann sah er sich noch die Fotos auf den Kameras
der Presseleute an und ließ solche löschen, auf denen zuviel von ihm zu sehen war. Ich durfte dann, als Palastdiener getarnt,
über die Hintertreppe verschwinden. Und dann durften die Freunde der
Körperstrafen wieder hereinkommen und freuten sich schon, dass ich gleich dicke
Tränen unter den Schlägen vergießen würde, und dann war alles schon gelaufen...
War das schön... Was er nicht verhindern konnte, war, dass irgendjemand den
lustigen Namen ‘König Harakiri der Letzte’ für mich erfunden hat...“
„Ich habe verboten, dass du so genannt wirst“,
sagte Josef mit fester Stimme.
„Und ich hoffe, ich werde dem Dogen nicht
begegnen“, sagte Hemyarik, „es wäre gar zu peinlich.“