Samstag, 11. August 2018

König Harakiri vor der Sala de Thing


Aus: "Homsarecs! Band 2: Der Doge und sein Sklave"  

Neue Fassung, in Arbeit; demnächst als e-Book erhältlich.   

An diesem Tag fuhr der Doge nach Berlin, wo er bei Palomas Familie zu Gast sein würde. Als Hemyarik, der ebenfalls bei Paloma eingeladen war, hörte, dass Seine Exzel­lenz der Doge kommen würde, bat er seinen Herrn Josef schamrot darum, er möge ihm eine Begegnung mit ihm ersparen. Denn es gab da eine Geschichte, die ihm in peinlicher Erinnerung war.
„Erzähl!“ forderte Josef ihn auf. Hemyarik wand sich wie ein Wurm. Aber Josef erließ es ihm nicht.
Hemyarik
„Ich war so langsam wieder auf den Beinen, nach dem Sepuku...“ Seine Stimme versagte noch einmal, und er setzte neu an: „Nachdem ich versucht hatte, mich zu töten, brauchte ich lange, bis ich wieder fit war. Und alle die Zeit stand ich unter der Anklage des Hochverrats. Ich war aber auf freiem Fuß, weil ich nicht in der Lage war zu flüchten, und ich hatte auch immer eine Bewacherin an meiner Seite, eine Amazone. Da machte mir das ducale Büro den Vorschlag, den Dogen öffentlich um Vergebung zu bitten. Das war auf jeden Fall besser als Verbannung oder Haft. Es war sogar recht milde, denn ich hatte ja den Dogen beleidigt. Und ich fühlte, dass du auch wolltest, dass ich mich dem Dogen unterwerfe...“
Josef
„Ja, das stimmt. Natürlich wusste ich nicht, ob meine Botschaft bei dir ankommen würde.“
„Ist sie, lieber Herr! Also bin ich im grauen Büßergewand in den Dogenpalast gegangen. Und ich musste zwischen allen Abgeordneten durch den Mittelgang gehen. Oh Mann, was für ein Spießrutenlauf.“
„Daran stirbt man nicht.“
„...gut, dann musste ich das Gewand ablegen und stand im grauen Lendentuch da, habe mich dreimal bis auf den Boden verbeugt und mein Schuldbekenntnis gesprochen, und die Biester riefen: ‘Lauter! Lauter!’ Also habe ich es wohl fünfmal, nicht dreimal gesprochen. War mir nun vergeben? Nein. Das Gesetz verlangte damals noch eine Körperstrafe, die der Beleidigte durchführen oder delegieren konnte. Und unser Herr Tanguta nahm den Stock, nachdem er sich ausgezogen hatte. Nun stoppte er noch mal und ließ mich da nackt knien, weil er noch klären wollte, ob ich vor Zuschauern bestraft würde. Er ließ also eine Abstimmung durchführen.“
Josef kicherte. Hemyarik zog ein Gesicht, steckte das aber weg.
Der Doge
„Er ließ die Sala de Thing abstimmen, ob die Bestrafung öffentlich oder nichtöffentlich durchgeführt werden sollte. Ich dachte, oh mein Gott, wie lange lässt der mich hier schmoren, ich hatte schon ganz kalte Knie und Hände. Und dann macht er das noch als Hammelsprung, also er ließ die Abgeordneten rausgehen, die Befürworter der öffentlichen Bestrafung gingen also auf den Hof und die Gegner in das Kabinett. Und weißt du was er dann machte? Er ließ die Freunde der öffentlichen Strafen nicht rein! Nur die Gegner durften wieder in den Saal, ein paar Fotografen von der Presse waren auch dabei, und somit, sagte er, sei ja genügend Öffentlichkeit hergestellt. Und die Amazonen mussten die Mehrheit draußen halten. Dann legte er die ducalen Insignien ab, auch den Siegelring, sagte: ‘Ich bin ein Mann wie du’, nahm den Stock und verpasste mir Zehn, die ich mitzählen und für die ich danken musste. Dann zog er sich wieder an, legte den Siegelring an und die Kappe und war wieder der Doge. Er ließ sich das Protokoll vorlesen und korrigierte, nicht der Doge hätte den Delinquenten geschlagen, sondern Tanguta.
Dann sah er sich noch die Fotos auf den Kameras der Presseleute an und ließ solche löschen, auf denen zuviel von ihm zu sehen war.  Ich durfte dann, als Palastdiener getarnt, über die Hintertreppe verschwinden. Und dann durften die Freunde der Körperstrafen wieder hereinkommen und freuten sich schon, dass ich gleich dicke Tränen unter den Schlägen vergießen würde, und dann war alles schon gelaufen... War das schön... Was er nicht verhindern konnte, war, dass irgendjemand den lustigen Namen ‘König Harakiri der Letzte’ für mich erfunden  hat...“
„Ich habe verboten, dass du so genannt wirst“, sagte Josef mit fester Stimme.
„Und ich hoffe, ich werde dem Dogen nicht begegnen“, sagte Hemyarik, „es wäre gar zu peinlich.“

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