Vorher schon hat die gnadenlose Axt des Kitsches zugeschlagen und der Literatur irreparablen Schaden zugefügt, als Christian auf Knien und unter Tränen bat, dass Ana ihn nicht verlassen möge, und als wäre das nicht genug, geht sie auch auf die Knie, um die gleiche Höhe herzustellen, und dann führen sie seitenlange Dialoge in dieser Position, ohne in Kichern auszubrechen. Da taten mir ja schon die Knie beim Lesen weh, aber noch heftiger reagierte meine Antenne für literarische Entgleisungen, die sonst eher schwer reagiert, aber hier kamen die Signale im Katastrophentakt rein.
Dann kommt die gnadenreiche Madonna Ana in Kontakt mit den Narben, die sein Trauma beschreiben, als der Lover seiner Mutter seine Zigaretten auf Brust und Nacken des Vierjährigen ausgedrückt hat. Im Prinzip kennt menschliche Grausamkeit keine Grenzen. Diese Spuren jedoch in der Weise in die Handlung zwischen den Liebenden einzuflechten verlässt derartig die Grenzen des guten Geschmacks, wie man es eigentlich nur schafft, wenn man ein Teenie ist und unter dem ungeregelten Zufluss neuartiger Hormone die seltsamsten Produkte des Hirns heimlich in seine zweckentfremdeten Schulhefte kritzelt. Ich bekenne mich zu ähnlichen Sünden, aber die wurden mir schon mit 18 peinlich.
Um aber herauszufinden, ob die Idee vom kranken Sadomasochisten dem naiven kleinen Gehirn von Ana entsprungen ist, lediglich widergegeben von der Autorin E.L.James, oder ob sie dem naiven kleinen Gehirn der Autorin selbst entsprungen ist, das muss mich die ganze Trilogie lehren. Seufz. Dann mal ran an die restlichen 47%.
Update
Jetzt bin ich bei 57%, und siehe da, die beiden besuchen seinen Psychiater, und der erklärt ihr, dass Sadomasochismus ein sexueller Lifestyle ist, keine Krankheit. Puh. Schweiß von der Stirn wisch.Grey sei also kein klinischer Sadist, auch kein Lifestyle-Sadomasochist, sondern habe sich da etwas Aufgesetztes als Selbsttherapie verschrieben.
Na, wie sollen die Leser das denn differenzieren?
Bin mal gespannt, ob der Film #2 das klären kann.