Donnerstag, 12. Oktober 2023

Tag 13: Was ist deine gefährlichste Waffe?

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@Barbara Drucker/Aventiure Schreibcoaching

Hieronymus: 

Ich rühme mich keiner Waffen, auch wenn ich auf der Seite der Schweden mitfocht. Ich sah so vieles Blut, fühlte den Schmerz einer Kugel, die in mein Bein drang. Doch ward sie mein Schutz, sintemalen mein Kriegsdienst damit geendet. Von da an wusste ich mich zu schützen und bemerkte Gefahr, wenn noch kaum Anzeichen dafür erschienen.
Gefährliche Waffen habe ich nicht. Scharfer Spott zählet nicht. Wen das dazu bringet, mich auf den Paukboden zu rufen, der wird nicht nur von mir als Ridicule behandelt. Hier im Baltikum kennet man scharfe Wortgefechte, doch gilt als Verlierer, wer sich davon verletzen lässet, sondern scharf mit geistreicher Entgegnung zu parieren, ohne zu Beleidigungen Zuflucht zu nehmen, das ist die Waffe, die als Siegeszeichen anerkannt wird. Die Balten haben sogar ein Wort dafür, es heißet »pliggern«.


Tag 12: Was tust du, um deine Gedanken zu klären?

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Hieronymus: Muss man Gedanken klären? Ich glaube, meine sind immer klar -- oder doch die meiste Zeit. Vor allem, wenn es hell ist. Vor allem, wenn ich ein Warmbier und Hafergrütze zu mir genommen habe. Wenn die Schreibfeder gut geschnitten ist. Wenn das Licht gut ist. Und wenn ich dann beginne, die Schwünge und Arabesken zu machen, die ein Anschreiben an dero Exzellenz, den Kanzler von Schweden, den Onkel meines Brotherren zieren. Oder an den König von Frankreich. Da muss jeder Buchstabe sitzen. Brav, gleich hoch, in gleichen Abständen und mit gleichem Fluss der Tinte. Da wird das Schreiben zu Musik, immer gleiche, konzentrierte Schritte und doch auch ein wenig Gelöstheit, just wie beim Spielen der Laute. Was ich da schreibe?... Ach verzeiht, das weiß ich dann gar nicht mehr.

Tag 11: Welche Schwäche ist eine Tugend?

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Hieronymus Lohebrannt:
Der Mut eines mächtigen Mannes, sich zu seinen Gefühlen zu bekennen, zeigt seine Fähigkeit, auch mit den Untertanen milde zu verfahren.
Das wenigstens erfuhr ich, als mir der Gouverneur, also der Vizekönig von Schweden, seine Freundschaft antrug. Nicht nur, dass er mir das Du anbot und die Anrede ‘Gustaf’, ich durfte auch seine Tränen sehen und von seinem Kummer hören. Nur vier Jahre würde sein Gouverneursamt in Estland dauern. Er gestand mir, dass sein Weib, das ihm eben erst eine Tochter geboren hatte, ihm die Heirat übelnahm. Denn die Verbindung mit ihm habe eine Liebe zerstört. Er habe das Fräulein De la Gardie aus dem Bette und den Armen der schwedischen Königin gerissen und sie den Qualen der Niederkunft ausgesetzt.
Dass er mir dies anvertraute, war eine Last, die mich schier zu Boden drückte; doch wuchs ich in meine Aufgaben hinein. Sein Vertrauen beflügelte mich. Ich war es auch, der die Lösung für diesen Konflikt erdachte.
(Dieses Kapitel ist historischen Tatsachen angenähert)

Montag, 9. Oktober 2023

Tag 10: Welche Schwäche ist tödlich?


Hieronymus Lohebrannt:
Das Versagen des Selbstvertrauens, wie bei Aryol, als er sich töten wollte. 
 
Wir ‘Thiere’ sind gierige Wesen, nur von Verlangen getrieben, und das wird uns so viel Leiden verschaffen. Wem würde er opfern? An Götter glaubte er nicht. "Wir sind die göttlichen Thiere. Euch, Brüder, schenke ich mich."
Er ritzte sein Handgelenk an. Blut sprang hervor. Es rann auf den Waldboden. Sofort waren Ameisen da, sofort schwirrten Fliegen herbei und sammelten sich um die kleine Lache, die entstanden war. Zu ihm wollten sie auch, er wehrte sie ab.
‚Vielleicht ist das der Sinn meines verpfuschten Lebens‘, dachte er, ‚dann bin ich weg und kann das Leben der anderen nicht mehr ka­puttmachen. Und ein paar Wesen kriegen was zu essen. Ich müsste alle auf diese Weise füttern. Alle hungernden Wesen, Menschen und Tiere. Wir haben nur genommen. Nun ist es Zeit zu geben.‘
Er wusste, dass er nicht leicht sterben würde. ‚Um einen wie uns zu töten, muss man schon den Kopf abschlagen‘, dachte er mit einem grimmigen Lachen. Und er würde auch nicht leicht das Bewusstsein verlieren. Er würde also in der Lage sein, seinem Sterben in Ruhe zuzusehen, bis er jenseits von Rettung wäre, und dann käme wirklicher Schlaf, wirkliche Ruhe, das Ende von Leiden, Stille.
Er machte noch einen Schnitt.
 

 

 

Tag 9: Worüber lässt du mit dir nicht verhandeln?

 

 

 
Hieronymus Lohebrannt: Über Menschlichkeit. Die Barmherzigkeit und Nächstenliebe ist nicht käuflich. 
 
Man wollte von mir Unterstützung, um ein Dorf der ‘Thiere’ auszuheben, eine Gruppe, zu denen mein Geliebter Fido gehört.
Ich hörte eine Bemerkung des Dekans der Universität Dorpat: »Unser Kommandant und seine Leute haben einen Kundschafter gefunden, er wird uns zu dem versteckten Dorf führen. Es kommt mir sehr gelegen, dass Sie mit Musketieren und anderen Berittenen sowie einem Leutnant hier erschienen sind. Wir haben kaum noch Leute, die Unseren sind in Litauen geschlagen worden, tot oder versehrt, viele geflohen. Wir sind… « Er schaute sich kurz um und flüsterte: »… schutzlos.«
Es war die pure Heuchelei. Die Männer dieses Stammes sind sehr schön, darum verdrehten sie den Mädchen des Ortes die Köpfe, und die Studenten gingen leer aus. Das gab böses Blut, und sie wollten das Ärgernis beseitigen.
Ich gab ihm zur Antwort: »Herr Professor, unsere Mission ist kulturpolitisch, nicht militärisch, bei allem Respekt. Entschuldigen Sie mich bitte für ein paar Minuten...«
Anderntags brachen wir noch bei Dunkelheit auf und ritten in scharfem Tempo zu besagtem Dorf, um die Bewohner zu warnen.
Die Dorpater hatte ich mir somit zu Feinden gemacht.

Tag 8: Was verbindest du mit deiner ersten Liebe?

 

 

Hieronymus Lohebrannt:
Desorientiertheit. Als ich mit 15 das erste Mal in ein Mädchen verliebt war, war ich völlig unwissend und ungeschickt. Ich gab mir große Mühe, das zu erfüllen, was offenbar erwartet wurde, und ich hörte mehrmals: »Folge einfach der Stimme deines Herzens, die wird dir sagen, was deiner Holden Freude machen wird.«
Allein – die Stimme des Herzens blieb stumm, und mir war, als müsste ich, einer alten, vergesslichen Magd gleich, einen Besorgungszettel schreiben. Was ich ihr schenken solle, was sagen und wann versuchen, sie zu küssen?
Mein Zaudern hatte ein Ende, als die Eltern des Mädchens sie mit einem jungen Edelmann verlobten. Plötzlich erwachte die Stimme meines Herzens, denn sie hatte Gefallen an dem Bräutigam meiner Freundin gefunden. Doch war auch das aussichtslos, und ich vergaß beide.
Wenn dies aber nicht meine erste Liebe war, dann war es der bezaubernde, anmutige Wachmann vom Rathaus, in welchem ich meinen Dienst tat.

 
 

Samstag, 7. Oktober 2023

Tag 7: Welche Eigenschaften bewunderst du an deinem Feind?

 #charactersofoctober #desschreiberswildeträume

Hieronymus Lohebrannt: 
 
Es schmeckt ja schon etwas gallig, dass man an seinem Feinde etwas bewundern soll. Soll ich die Kriegslist bewundern, mit der er eine Familienkrise meines Freundes genutzt hat, um mir den Bewacher zu nehmen, meinen lieben Fidomaris, den Beschützer, den er ablenkte, indem er ihm ausrichten ließ, sein Vater liege im Sterben? So kam es, dass ich allein war und er mich von seinen Kosaken fortschleppen ließ. Meine gute Stellung beim Gouverneur bedeutet ja auch, dass ich weiß, was die schwedische Krone an die Könige Europas schreibt. Und das wollte mir dieser Mann mit Namen Sachárin abpressen, nannte mich seinen Gast, aber drohte mir Folter an, so ich weiter geschwiegen hätte. Soll ich bewundern, dass er genau wusste, wo er seine Spitzel hinschicken musste?

Donnerstag, 5. Oktober 2023

Tag 6: Worauf bist du besonders stolz?

Hieronymus Lohebrannt:
Ich bin nicht besonders stolz auf etwas, das mich beträfe; denn nicht eigener Verdienst ist es, sondern Gottes Gnade, dass Er mich aus Geschrey, Bluth und Pulverdampf errettet und mich in ein ruhiges Kaufmannskontor versetzet hat, da meine Verwundung am Bein mich zu weiteren Kämpfen in der Infanterie nicht mehr taugen ließ. Somit war auch dies himmlischer Schutz.
Stolz fühle ich aber darum, dass ich die Freundschaft des königlich schwedischen Wachmanns Fidomaris erwarb, die ich mit herzlicher Liebe entgelte. 

Nun hat es mit ihm eine besondere Bewandtnis: Er gehöret zu dem wilden, ungebärdigen Stamme der Heiligen Biester, oder, wie sie sich auch nennen, "Thiere Gottes", zu welchen aber die gewöhnlichen Menschen nur "Thiere" sagen. Diese sind von unglaublicher Wachsamkeit, schlafen im Dienst niemals ein, brauchen überhaupt nur 4 Stunden halbwacher Ruhe. Darum sind sie als Meldereiter und Wachen ebenso begehrt, wie sie als Gegner gefürchtet sind, denn ihre Eigenschaft bringt mit sich, dass sie auch bei schweren Wunden, wo uns gnädige Ohnmacht empfängt, immer noch wach und kampfbereit bleiben. Wie gefürchtet und ob ihrer losen Moral auch verachtet sie sein mögen, so bin ich stolz darauf, dass sein junges Herz mir altem Bürozausel gehöret.



Tag 31: Was sind deine nächsten Ziele, und welche Schritte stehen dir als Nächstes bevor?

  #charactersofoctober #desschreiberswildeträume Fido: Mein Ziel ist es, den Kurs der Annäherung von Menschen und Thieren weiter zu verfo...