Mittwoch, 1. Juni 2022

"Des Schreibers wilde Träume" -- Die ersten Kapitel

 Band 5 und Prequel zu "Homsarecs!", kurz vor Vollendung, noch unpubliziert


Vorwort

Einsame Jäger, die vor tausend Jahren in Ingermanland im Winter unterwegs waren, schwebten in Gefahr, wenn sie den Weg verloren und es dunkelte, bevor sie ihr Dorf erreichten. Doch pflegten solche Notlagen am Ladoga-See oft durch Wunder gutzugehen. Da war dann in der Dämmerung ein Feuerschein, der eine Siedlung oder ein Lager verriet, doch wenn sie näher kamen, war kein Mensch zu sehen. Da stand dann ein Kessel mit heißer Suppe auf Steinen nah am Feuer, das sichtlich eben erst entzündet worden war. Sicher hätte der Jäger auch selber Holz sammeln und Feuer machen können, allein, wenn man erschöpft war, konnte man sich nicht dazu aufraffen, ruhte ein wenig aus – und erfror.

Aber war das nicht ein fremdes Lager?

Durfte man einem Unbekannten sein Essen stehlen?

Doch da hing wohl ein Stück Birkenrinde an einem Zweig, und darauf waren die Worte »It alla jah yarms« eingeritzt, was der Sprache der Waräger nah kam, und es bedeutete, man solle alles essen und sich aufwärmen.

Dann wusste man, dass die Thiere Gottes nah waren. Doch zeigten sie sich nicht oft.

Man wusste, dass sie gefährlich waren, wenn man sich mit ihnen anlegte. Doch bewiesen sie auch Fürsorge für die anderen Menschen. Es hieß, dass sie mit acht scharfen Zähnen geboren wurden, dass sie eine Hitze erzeugten, die hohem Fieber gleichkam, dass sie kaum schliefen und sehr schnell laufen konnten. Sie waren ein wenig größer als durchschnittliche Menschen. Auch galten sie als unbesiegbar im Kampf, da man sie auch nach einer Pfeilwunde mit verdoppelter Kraft kämpfen sah. Und so kam es, dass sie von Fürsten und Generälen gebeten wurden, die Heere als Wachen und Meldereiter zu begleiten.

Sie leisteten Übermenschliches, doch ließen sie sich niemals durch lange Verträge binden, ließen sich auch niemals die Haare schneiden, blieben unter sich und wahrten ihre Sitten und Unsitten, über die man Ungeheuerliches berichtete.

Wer dann rastet und isst, kann sie wohl zu Gesicht bekommen. Sie freuen sich, wenn man ihr Essen mag. Sie setzen sich eine Weile zu ihren Gästen und essen auch ein Stückchen mit, lächeln über die Furcht der Menschen, die sie die ‚Kleinen‘ nennen. Sie kommen zu Pferd oder auf Ski. Sie sind leichter bekleidet als die Menschen, lassen Schnee auf ihre Haut fallen und sagen, das sei ihnen angenehm.

Die einen, die bei ihnen zu Gast waren, sagten, sie hätten sich mit einer Umarmung verabschiedet, den leeren Kessel genommen und seien verschwunden; anderen hatten sie ein Nachtlager angeboten, und ganz Mutige nahmen das Angebot an. Sie erzählten dann von Hütten mit einem Kamin statt Ofen, vom Schlafen in Pelzen, alle in einem Raum, von unziemlichem, ja schamlosem Verhalten der Thiere untereinander, von ungenierten Zärtlichkeiten zwischen Männern.

Und es kommt auch vor, dass einer, der mit ihnen geht, lange nicht mehr gesehen wird, gänzlich verändert wiederkehrt – oder gar nicht.

 

Hieronymus Lohebrannt wischte die Tinte von der Feder ab und ließ den Löschsand von seinem Schriftstück abgleiten, dem letzten für heute. Er musste seine Arbeit beenden, bevor Augen und Hand zu müde wurden.

Dabei war so viel zu tun. Er war von früh bis spät mit der Korrespondenz seines Dienstherren, des Gouverneurs Oxenstierna, beschäftigt. Hin und her gingen die Briefe, teils mit dem gleichnamigen Kanzler von Schweden, seinem Onkel, teils mit dessen Sohn, der in Münster war und in Gesprächen mit den Kaiserlichen die Chancen für ein Friedensabkommen auslotete. Die schwedische Thronfolgerin war noch nicht offiziell im Amt. Schweden und die von dieser Nation eroberten Ländereien wurden vom Kanzler regiert, der seinen Cousin Gustaf in Reval das östliche Grenzland verwalten ließ.

Hieronymus, der in einigen Monaten vierzig Jahre alt sein würde, hatte von dem langen, ermüdenden Krieg seinen Teil abbekommen. Nach Militärdienst, Verwundung, Genesung und Arbeit bei einem Kaufmann in Lübeck hatte eine Handelsreise ihn nach Reval geführt. Hier war es ruhig, man merkte wenig vom Krieg, während in Norddeutschland die Schweden und die Dänen von Neuem aneinander­gerieten. Die Fahrt ging über Rostock und Åbo, wo man weitere Waren an Bord nahm, dann kam die elegante Fleute – ein holländischer Drei­master – mit gutem Wind zügig an den Inseln vorbei und erreichte die Revaler Bucht, wo der spitze Turm von St. Olaf als erstes grüßte, flankiert von einem vermutlich uneinnehmbaren, dicken Kanonenturm. Nun begann die bekannte Prozedur der Verzollung. Den ganzen Tag protokollierte Hieronymus die Entladung und Übernahme durch die örtlichen Händler, die Weinfässer, Bierfässer, Säcke mit Salz, Tabak oder Hopfen ausluden, und sie verteilten sie auf ihre Wagen oder per Flaschenzug in den großen Speicherbau am Alten Markt. Einige Weinfässer waren vom Rathaus bestellt; ein Sekretär des Gouverneurs zahlte bar und ließ sich eine Quittung schreiben.

Auf Einladung des Weinhändlers aß er mit ihm zusammen, war aber zu müde, um dem Gespräch zu folgen, dem sich Freunde des Händlers anschlossen. Lohebrannts Verstummen bemerkten sie kaum.

Für die Nacht nahm er ein Zimmer in einer bescheidenen Pension im Nikolai-Viertel, wo es nach dem Rauch der Schmiede und den Rössern des Marstalls roch. Er legte sich früh schlafen. Morgen würde er die Rückfracht kontrollieren, nämlich Roggen, Kerzenwachs und Talg, Hanf, Pelze, Holz. Dann würde er die Barzahlungen überprüfen, sie in den Listen eintragen und die Heimreise antreten. Er sah nichts anderes als Kisten, Fässer und Säcke, als er die Augen schloss, aber er gestand sich keinen Überdruss zu.

Anderntags ließ ihn der Gouverneur zu sich bitten. Innerlich wappnete sich Lohebrannt, man werde ihm einen Fehler ankreiden, weshalb er dem Ruf ins Rathaus mit ein wenig Unbehagen folgte, zumal der Bote sich über die Absichten seines Herrn ausschwieg,.

»Lohebrannt! Schön, dass wir uns kennenlernen! Eure Schrift kenne ich schon. Ihr seid doch vergeudet an ein Kaufmannskontor, in dem Ihr nur Frachtlisten schreiben müsst«, trompetete der stattliche Gouverneur ihm entgegen, kaum, dass er den Audienzsaal im Rathaus betrat, »Eure Schrift könnte meine Briefe an Papst und Kaiser zu Kunstwerken machen. Wollt Ihr für mich arbeiten?«

Da lag die Quittung, die er geschrieben, vor dem Gouverneur auf dem Tisch. Lohebrannt brauchte einige Augenblicke, um sich zu fassen. Niemals hätte er von einer solchen Stellung zu träumen gewagt.

Er verbeugte sich tief und schnitzte ein paar verbale Artigkeiten, um seine Freude und Zustimmung auszudrücken. Inzwischen versammelten sich einige Honoratioren der Stadt im Saal, und man gratulierte dem Gouverneur zu seiner Heirat, die in Stockholm stattgefunden. Die Braut würde ihm nach Reval folgen, eine ehemalige Hofdame der jungen Königin, eine geborene De la Gardie. Auch Lohebrannt versäumte es nicht, seine Glückwünsche auszusprechen, und zog sich dann zurück.

Sogar für eine Unterkunft war bereits gesorgt. Ein Haus, das ihm schon bei einem kleinen Rundgang als eins der schönsten in der Langstraße aufgefallen war, beherbergte unverheiratete Kaufleute und hatte im obersten Stock ein Zimmer mit Nebenkammer frei.

Das Schiff seines bisherigen Dienstherren segelte ohne ihn zurück nach Lübeck, nachdem er die Gelder und Listen an den Kapitän über­geben hatte.

Die erste Zeit wurde ihm nicht leicht. Briefe von wichtigem Inhalt und an hochgestellte Persönlichkeiten mussten makellos sein. Sie sollten in allen Städten Europas lesbar sein, so musste er Buchstabenformen mal den italienischen Alphabeten anpassen, mal den in Wilna oder Rotterdam üblichen. Es war nicht weniger anstrengend als seine frühere Arbeit. Auch gab es viel in schwedischer Sprache zu kopieren, was er bald mehr und mehr verstehen konnte. Die dauernde Konzentration unterschied sich nur wenig von der Gewissenhaftigkeit, die er für die Frachtlisten aufbrachte. Doch das Vergnügen, das es ihm bereitete, immer neue Schwünge und Schnörkel für die Überschriften der Dokumente und die Anreden der Herrscher Europas zu erfinden, stellte alle seine früheren Aufträge in den Schatten. Er studierte die Vorlagen mit Freude.

Auch sein Gehalt war höher als jedes, das er in seinem Leben erhalten. Es gab ihm Raum für bescheidenen Luxus, für neue, wenn auch nicht auffällige Faltkragen und Spitzenmanschetten. Seinem Stand und der Stellung war schlichtes Schwarz geschuldet, doch konnte man es mit Silberknöpfen und einem Damastwams mit Akanthusblättern, dem Kontrast von matt und glänzend, wesentlich verfeinern. Den Auftritt vervollständigten ein kurzer Degen zur eigenen Verteidigung, in diesen wilden Zeiten nicht unangebracht, ein weiter Mantel, leicht und raschelnd in der warmen Jahreszeit, aus guter Wolle in der kalten. Ein Paar weitschäftiger Stiefel und ein Barett mit einer schwarzen Straußenfeder machte seine elegante Erscheinung perfekt.

Er stand nun seit ein paar Wochen im Dienst des Gouverneurs. Jeden Tag ging er hinauf zum Schloss, stieg den Langen Domberg hinauf, den gepflasterten Aufstieg, der auch den Berittenen und den Kutschern der Wagen möglich machte, den steilen Tafelberg zu erklimmen. Ein Treppenpfad zwischen den Häusern, der Kurze Domberg, war die anstrengende Abkürzung hinauf zur Burg. Hier wohnten die Adeligen, hatten ihre Knabenschule und den Dom mit den Adelswappen an den Wänden. Der einfache Beamte hatte hier wenig Gesellschaft außer anderen, die emsig und wortkarg ähnliche Arbeiten taten wie er. Und hier, in den kühlen Mauern aus dem grauen Schiefer der Steilküste, schrieb er konzentriert Tag für Tag die Akten der Stadtverwaltung, übertrug die flüchtigen Notizen der Ratsherren in eine schöne Kanzleischrift zur immerwährenden Aufbewahrung und schaute aus dem Fen­ster der Burg weit hinaus in den Westen des Landes. Am Abend stieg er wieder hinab und gesellte sich um Abendessen zu den anderen Bewohnern des Moritzhauses und brachte vergnügliche Stunden mit ihnen zu, bis er in seine Stube hinaufstieg. So lebte er sich in dieser neuen Heimat ein, bis er einen Ruf in die Unterstadt erhielt.

Der Gouverneur wollte ihn näher bei sich wissen, um geheimere, persönlichere Schriftstücke anfertigen zu lassen. Und so war sein Arbeitsweg kürzer und die Arbeit noch unterhaltsamer. Das Rathaus, ein grauer Bau mit gotischen Spitzbögen, war ein geschäftiger Bienenstock, verglichen mit der Burg und ihren endlosen Korridoren. Hier nun tagte der Rat, der so viel zu sagen hatte wie der Gouverneur, und um dieses Gebäude lag der Markt, tobte das Leben, hier roch es nach Fisch, geröstetem Speck und frischem Brot, hier gab es Stimmengewirr, wurden Waren ausgerufen, Kinder herumkommandiert und Konkurrentinnen beschimpft. Winden knarrten, wenn Säcke mit Korn und Werg hinaufgezogen wurden, Fässer polterten in den Keller hinab, Hufe schlugen auf das Pflaster, Schafe blökten, wenn man sie zu Markte trieb, und Schweine grunzten und quiekten empört, wenn man sie am Strick zerrte. Hieronymus ertappte sich einige Male, dass er sich von dem possierlichen Leben ablenken ließ, und riss sich zusammen, den Blick weiter auf seine Dokumente zu richten.

Eine besondere Versuchung, die seinen Blick aus dem Fenster lenkte, waren die Wachen, die jeden Tag den Zugang zum Rathaus flankierten. Sie trugen die Landesfarben, blaues Tuch und hell ockerfarbene Stiefel und ebensolchen Gürtel, bronzene Schließen und Beschläge. Auch die Klinge der Hellebarde schimmerte golden. Solche Männer waren ihm als Meldereiter und als niemals müde Nachtwachen bekannt. Er sah am Gang, an der Haltung, an der Körperlänge und an den geschmeidigen, fast etwas wolfsähnlichen Bewegungen, dass er es hier, wie bei so vielen Wachsoldaten, mit Thieren Gottes zu tun hatte. Auch ihr leicht arroganter Blick verriet sie. Schon als er zum ersten Mal an seinem neuen Arbeitsplatz erschienen war, bemerkte er, wer die waren, die nun auch ihn beschützen würden.

Als er an seinem zweiten Diensttag erschien und die Stufen zum Rathaustor hinaufschritt, erregte er unerwartete Aufmerksamkeit: Der Wachmann links vom Tor verschlang Hieronymus mit Blicken und starrte ihn an, als sei sein Heiland erschienen. Er straffte seine Haltung, als der Schreiber an ihm vorbeiging, sog die Luft ein und grüßte den Vorbeigehenden militärisch. Fast wäre Hieronymus auf der Schwelle gestolpert. Mit einer kleinen Geste erwiderte er die Ehrbezeugung, während der andere Wachmann, der reglos dagestanden hatte wie eine Statue, nun hastig die Bewegung seines Kameraden nachmachte.

Hieronymus begab sich in das Vorzimmer seines neuen Dienstherren und nahm vom Sekretär das Portfolio entgegen, das die zu kopierenden Dokumente enthielt. Manchen waren Notizen beigefügt, sie betrafen das gewünschte Material, Papier oder Pergament, entschieden über das zu setzende Siegel, gaben an, ob die Überschriften, Initialen und Rubriken mit roter Tinte gehöht werden sollten. Das Portfolio war schön mit Punzen und ins Leder geschnittenen Ranken geziert, wenn sich auch die Säume etwas zu lösen begannen.

Er nahm Platz an seinem Schreibtisch, den eins der hohen, spitzen Rathausfenster von links beleuchtete, und legte die Federn, das Federmesser, die Streusandbüchse, Schwämmchen und Probeblätter zurecht. Am gestrigen Nachmittag war er den übrigen Mitarbeitern des Bureaus vorgestellt worden und hatte einen Amtseid zur Verschwiegenheit geleistet.

Er machte sich mit großem Eifer an die Arbeit und schrieb als ersten Brief eine höfliche Absage an den Kommandanten einer Stadt, die mit Reval locker assoziiert war, nämlich Weliki Nowgorod in Nordrussland. Dieser Brief wurde absichtsvoll nicht gleich ins Russische übersetzt, das sei zu viel der Verbeugungen vor einer Stadt mit zwielichtigen Absichten. Zwar sei sie verbündet mit Schweden, aber doch ein unsicherer Genosse, so wurde angedeutet. Nichtsdestoweniger durfte Lohebrannt seine schönsten Schwünge ziehen. Die Bitte um Ausleihe einiger wichtiger Druckwerke und Handschriften wurde mit vielen Bitten um Verständnis ausgeschlagen, denn durch den Krieg sei selbst die vom König Gustav Adolf gegründete Universität Dorpat beraubt worden, somit könne man leider auf kein Stück verzichten. Die Kopierarbeiten seien in vollem Gange, so dass Hoffnung sei, dereinst doch das eine oder andere Werk zur Verfügung zu stellen.

In der Antwort erhoffe sich das Gouvernement in Reval einige Auskünfte über den Verbleib von Leihstücken, insbesondere die Ikonenliste des Klosters Petseri, sowie einen Band der Weltchronik, eine Mappe ‚Topographia Germaniae‘ mit Ansichten von Reval, Nöteborg, Nyenschanz, Nowgorod und Kiew, sämtlich von Merian gestochen, sowie eine Kopie von Vitruvs ‚Architectura’ , Band 8, ‚Wasserversorgung‘.

Hieronymus grinste beim Schreiben. Der Gouverneur beschuldigte also die Russen unverhohlen des Diebstahls. Oxenstiernas Sekretär hatte das auch bemerkt und in seiner Hasenfüßigkeit noch eine kurze Notiz beigefügt: »Schärfste Formulierungen bitte abschwächen.«

Das allerdings erschien Hieronymus als unerlaubter Eingriff in die Hoheit des Gouverneurs als Autor. Einzig den Satz »… solltet Ihr die betreffenden Bücher inzwischen versetzt haben...« wandelte er ab zu »verlegt haben«.

Oxenstierna überflog die Abschrift, grinste bei dem abgeänderten Satz und unterzeichnete und siegelte. Dabei fiel ihm die Notiz seines Sekretärs in die Hände, die Hieronymus erst einmal in das Portefeuille geschoben hatte. Er tauschte einen Blick mit Hieronymus, der stammelte »oh, das war ein Versehen, das gehörte nicht...«

Der Gouverneur lehnte sich zurück. Er schwieg dazu.

»Macht eine Pause, Lohebrannt, Ihr habt noch nicht zu Mittag gegessen«, sagte er dann, »Euer Amt berechtigt Euch zu einem warmen Mahl im Moritzhaus.«

Hieronymus zog sich zurück und machte sich auf den Weg zum Mittagslokal. Vor dem Rathaus stand unverdrossen das Paar von Wachen. Die Haltung des links stehenden Mannes war anmutig, ein klassischer Kontrapost, ganz wie Michelangelos David, ebenfalls mit aufmerksamem Blick, und statt der Steinschleuder hielt er die Hellebarde. Hieronymus ertappte sich dabei, dass er den weiten Fall der Beinkleider bedauerte. Sie verhüllten gar so viel vom Körper. Was gäbe er darum, den zweifellos hübschen Arsch darunter zu sehen? Das Wams wiederum war annähernd zeltförmig, einigermaßen steif und verbarg den Rest des Rumpfes. Wie hielt er das in der heißen Sonne aus?

Er erinnerte sich an Stiche, die die Landsknechte vor hundert Jahren darstellten. Wir bezaubernd schamlos waren die doch. Man trug damals nicht die Pluderhosen wie jetzt, die wie tragbare Sittenpredigten aussahen. Und gar die Braguette, die Brokathülle, die die Männlichkeit weniger verhüllte, als vielmehr protzend andeutete, schien in diesem Jahrhundert eine Todsünde zu sein. Die Renaissance war schon gestorben.

Das waren die Gedanken, als er nah an ihm vorbeiging. Wieder straffte sich die Haltung des Mannes, wieder grüßte er, wie Hieronymus im Augenwinkel sah. Er hätte sich umdrehen müssen, um seinen Blick zu erwidern. Aber ihm schien, als ihn hinter sich ließ, als werde er umarmt, als strecke dieser Mann sich nach ihm aus und zöge ihn an sich. Lohebrannt sprang die letzte Stufe hinab, um nicht zu stolpern. Es war ihm peinlich. Er versammelte seine Würde neu und schritt über den Platz in Richtung der Langstraße, um im Moritzhaus sein Mittagsmahl einzunehmen.

Als er nach dem Essen zum Rathaus zurückkehrte, standen zwei andere Wachen vor dem Eingang, dieses Mal keine Thiere. Er fühlte einen leichten Stich der Enttäuschung.

Seinen Kollegen, den Sekretär, vermisste er auch und fragte die Kollegen nach ihm. Er erfuhr, dass dieser auf das Schloss versetzt sei und Lohebrannt seinen Tisch einnehmen solle. 

 

Der Mann auf dem Wehrgang 

Hieronymus begegnete Fido zum dritten Mal am Abend einer stickigen Sommernacht, als ihn Schlaflosigkeit aus dem Bett trieb und er ein wenig frische Luft brauchte. Die Mauern der Stadt heizten sich auf und machten seinen im Oberstock liegenden Raum zum Backofen. Hieronymus war auch geistig nicht zur Ruhe gekommen, denn die Korrespondenz, an der er arbeitete, war nicht eben von beruhigender Wirkung. Es war eine Antwort des Gouverneurs auf die recht unhöflichen Drohungen des Zaren, die auch die Forderung enthielten, die Burg Iwangorod in Narwa an die Russen zurückzugeben

Ein wenig Ruhe und Kühle fand der Schreiber auf einer Steinbank im Turm an der Nordseite der Stadt. Hier hatte die Sonne ihre glühende Hand nicht auflegen können. Hieronymus hatte einen leichten Stoffmantel über Wams, Hemd und Kniehose gelegt, der mit seiner Schwärze dafür sorgte, dass der Spaziergänger nicht auffiel. Auch konnte er den kurzen Degen darunter verbergen, denn immer noch waren die Zeiten so unruhig, dass jeder Bürger sich schützte. Er hatte sich einen leichten Stoffbeutel mit seiner silbernen Wasserflasche umgehängt, wie es im Sommer seine Gewohnheit war.

Über Hieronymus zog sich der hölzerne Wehrgang an der Stadtmauer entlang, und ruhige Schritte verrieten die Anwesenheit einer Wache. Es war so still, dass Hieronymus ihn singen hörte. Die Stimme ließ ihm einen leisen Schauer über den Rücken laufen. So warm und zugleich fremdartig war sie, dass Sehnsüchte in ihm wach wurden, die er seit seinen Jünglingstagen bekämpfte.

Verlangen sucht sich Gründe. Hieronymus verstand, dass diese Wache sicherlich Durst haben musste. Als Heiliges Biest litt er doch noch mehr unter der Hitze als die wahren Menschen. Christliche Nächstenliebe verlangte, dass er dem armen Kerl dort oben einen Trunk anbot. Er stieg langsam und unter Widerwillen gegen seine eigene Albernheit die hölzerne Stiege hinauf und erreichte mit etwas hörbarem Atem den Wehrgang.

Der Wächter war tatsächlich derselbe, der am Tag das Rathaustor bewachte. Er stand ruhig, fest, aber unverkrampft, eine Hellebarde in der Linken, den Bogen über der Schulter. Er lächelte, und sein Zähne blitzten ein wenig im Mondlicht auf. Dieses Mal schnellte seine Hand nicht zum Helm.

Seine Haare waren dicht und lang, wie lang, das konnte man nicht sehen, da er sie mit einem farbigen Band im Nacken zu einem Knoten zusammenfasste. »Bürger, was führt Euch zu mir?« fragte er freundlich und ein wenig heiter. Hieronymus entkorkte seine Flasche und ließ sie dabei fast fallen; der Wächter reagierte mit einem blitzschnellen Reflex und hätte sie gefangen.

»Es ist heiß, ich möchte Euch einen Trunk anbieten«, stammelte Hieronymus und hätte sich selber in den Allerwertesten treten mögen.

Eine lange, schmale, wunderschöne Hand kam aus dem Schatten und umschloss die silberne Flasche. Der Mann setzte sie an und trank ein paar Schlucke, maßvoll, nicht gierig.

»Danke, das tut gut«, sagte er dann.

Keine Fragen, keine Umständlichkeit; er gab ihm das Gefühl, es sei so natürlich zwischen ihnen, als seien sie Brüder, dass einer dem anderen einen Trunk reichte.

Hieronymus war verloren.

»Es ist gar schwer, den Dienst zu tun, wenn man in die Tracht der Garde gezwängt ist, wie stolz ich auch darauf bin!« bemerkte die Wache, »aber ich bin dem schwedischen Gouverneur treu ergeben, und so heiße ich auch: Fido.«

So, da bot er ihm schlicht den Kontakt an, so schlicht, dass dem Älteren die Luft wegblieb. Und er kam auch gar nicht auf die Idee, diese Mitteilung mit dem eigenen Namen zu beantworten, bis Fido ihn fragte: »Und mit wem habe ich die Ehre?«

»Hieronymus Lohebrannt, Sekretär Seiner Exzellenz des Generalgouverneurs Gustaf Oxenstierna.«

»So habt Ihr sicher eine bezaubernde Handschrift«, vermutete Fido, und tatsächlich war Hieronymus besonders stolz auf seine kalligraphischen Fähigkeiten.

Fido seufzte. »Dieses Wams bringt mich um, aber die Ordnung ist unumstößlich.« Und er nahm wieder die straffe, gerade Haltung ein.

Von der nahen Olafskirche schlug es halb eins.

»Verzeiht, lieber Herr, ich muss meine Runde gehen«, entschuldigte sich Fido, und Hieronymus zuckte zusammen. »Oh, bitte, lasst Euch nicht von mir in Euren Pflichten stören!« versicherte er eilig und steckte seine Flasche ein. Er drehte sich um und bemühte sich, einigermaßen würdevoll die etwas schwankende, steile Treppe hinabzusteigen.

»Werdet Ihr mir wieder einen Trunk spenden?« hörte der Fido hinter sich.

»Gewiss! Aber dann wird es Wein sein, Bier, Sherry, was immer Ihr wollt...«

Fido schien ein wenig zu lachen.

»Ihr wisst nicht, dass wir Thiere nur Wasser saufen?«

»Aber doch Wasser aus kristallenem Glase, schön kühl? Das ist meine Einladung. Ich nenne euch rasch meine Adresse...«

Er machte kehrt und stieg zwei Stufen wieder hinauf, während sich Fido bereits entfernte.

»Ihr wart heute im Rathaus. Ich finde Euch!« rief Fido und rauschte durch das Tor in den Turm.

Hieronymus stieg mit den seltsamsten Gefühlen die Treppe hinab und wanderte in einem eigenartigen Traumzustand zu seiner Wohnung zurück. Kaum, dass er noch wusste, wie er aus den Kleidern gekommen war, und die leichte Decke umarmte ihn – wie ihm schien – liebevoll und hieß ihn zu einem traumlosen Schlaf willkommen, den nichts mehr störte.

Es wunderte ihn am anderen Morgen, wie tief und ununterbrochen sein Schlaf gewesen war. Denn nach dieser Begegnung hatte er auf den Heimweg noch gegrübelt, wie es seine Art war, und das tat er oft auch beim Einschlafen, und wenn der Gegenstand seiner Gedanken beunruhigend war, half ihm das natürlich nicht über die Schwelle zum Reich der Träume. Doch war dieses Grübeln erhebender Natur und freudevoll; auch fragte er sich, wie Fido ihn wohl finden solle.

Und war dieser Fido wohl wirklich ein Heiliges Biest? Er sah aus wie einer von ihnen, auch war seine Hand, die Hieronymus kurz bei der Übergabe der Flasche gefühlt hatte, so warm gewesen, wie man es von ihnen kannte. Er war sehr groß und einigermaßen athletisch gebaut, besaß perfekte Zähne – sagte man nicht, sie wüchsen nach? –, und der federnde, fast lautlose Schritt passte ebenfalls dazu. Es gab auch Gerüchte, sie atmeten eine Art Schlafdunst aus, wie man es von Opiumrauch kannte. Das mochte erklären, dass Hieronymus trotz dieser aufregenden Begegnung sofort Ruhe gefunden hatte.

Während Hieronymus sein Waschgeschirr benutzte, ließ das Gefühl freudiger Erregung nicht nach. Er genoss die Kühle des Wassers, das die Frau des Hauskerls morgens bereitstellte. Im Winter wurde ein großer Samowar im Unterstock beheizt, von dem sich die Mieter heißes Wasser holen konnten. Einmal in der Woche besuchte er die Sauna des Hauses im Hofgebäude, die den Bewohnern zur Verfügung stand.

Die Begegnung mit Fido erfüllte alle seine Gedanken. Wenn er sich zu ihm hingezogen fühlte, so war das weit mehr als die vielen Freundschaften, die er in der Vergangenheit geschlossen. Er wusste, dass es Männer gab, die beieinander mehr als Freundschaft suchten, vor allem die Thiere hatten diesen Ruf, aber er hielt sich von solchen fern. Es war ihm nicht neu, dass schöne Körper von Männern ihn mehr anzogen als die von Frauen, dennoch, um nicht der Sünde zu verfallen, versuchte er, sich die Liebe mit Frauen vorzustellen und verscheuchte Gedanken an breite Schultern und pralle Hoden. Die Kameraden machten spöttische Bemerkungen, hatten weit weniger Hemmungen – und in der Folge weit mehr Probleme, die einen damit, sich und ihre Liebe zu verbergen, die anderen mit Krankheiten. Und es konnte auch beides sein.

Aber das betraf nicht diesen Mann. Es würde nichts vorfallen zwischen ihnen, sie standen im Dienst der Regierung, sie würden vielleicht Freunde werden, doch Sittlichkeit und Disziplin würden ihm eine Rüstung sein, die jegliche ungehörigen Vorkommnisse abwehrte.

Hieronymus kleidete sich an, schenkte seinem Spiegel heute etwas mehr Beachtung, summte vor sich hin und begab sich in den Speisesaal des Wohnheims. Es wurde von einem prächtigen Portal und einigen Reliefs auf der Fassade geziert. An den Beischlägen saßen weitere Wappen und Ornamente, über dem Portal flankierten zwei Löwen das Hauszeichen, den Heiligen St. Mauritius, woher die geläufige Bezeichnung ’Moritzhaus‘ für diese Unterkunft stammte.

»Lohebrannt, frühstückt mit uns!« Hieronymus war kein Kaufmann, aber als Archivar und Schreiber war er willkommen.

Ein junger Tuchhändler aus den Niederlanden, Jan, winkte Hieronymus zu, er solle sich zu seinen Kumpanen setzen. Es mochten wohl acht oder neun Männer an diesem Tisch versammelt sein, und sie löffelten fleißig ihren Haferbrei und nahmen kräftige Schlucke vom heißen Morgenbier. Auch sie waren durchweg jünger. Ein Neuankömmling war bei ihnen, Cyprian hieß er, und Jan stellte ihn vor und fuhr fort: »Kollege, das ist der begabte Schreiber, den wir oft belästigen, damit er uns einen schönen Kopf für unsere Contracte schreibt, und wenn wir ihn so betrunken machen, dass er keinen Widerstand leistet, so schreibt er uns den ganzen Contract!«

Lärmendes Gelächter erhob sich.

»Cyprian«, so erzählte Jan, »ist schon verlobt, und er will wieder nach Brügge zurückfahren, wenn er den Kaufpreis für ein Haus dort zusammengespart hat.«

»Ihr reist aber doch nicht mit der Barschaft?« fragte er vorsichtig, aber der junge Mann erklärte, er sei klug genug, seine Gelder über die Bank zu transferieren. Und er schwärmte von seiner Braut und den Aussichten, die der Eintritt ins Geschäft ihres Vaters ihm bot.

Hieronymus hörte nur mit halbem Ohr hin. Im Speisesaal hatten sich auch ein paar weitere Bewohner eingefunden. Diese saßen meist allein oder zu zweit. Sie hatten kein Interesse an einem Familienleben, hatten aber in diesem evangelischen Land nicht die Möglichkeit, in ein Kloster einzutreten.

Von ihnen verstanden zu werden war einer der wichtigsten Gründe, warum Hieronymus sich in diesem Haus wohlfühlte. Das waren eher die Älteren, die unter sich blieben oder allein, wie es Hieronymus meistens auch tat. Denn sie teilten ein Geheimnis, das die Jüngeren nicht ahnten, sie strebten nicht nach weiblicher Gesellschaft, und um frei zu bleiben von Sünde, hielten sie sich auf Abstand und gingen ein wenig steif und formell, aber freundlich und in stummem Einvernehmen miteinander um. Ihre Umgangsformen waren geschliffen, ihre Wortwahl immer höflich, wenn auch bisweilen ein wenig sarkastisch.

Heute aber saß Hieronymus bei den jungen Leuten, die ihn nach seinen Reisen und seinen Kämpfen ausfragten. Nun lauschte er nicht mehr so halb auf die kleinen Geplänkel am Nachbartisch, sondern ging auf das Gespräch ein. Er erzählte von den Kriegszügen, an denen er teilgenommen hatte.

»Was für ein Wunder, dass Ihr das heil überstanden habt!« staunte Cyprian, »wurdet Ihr nie verwundet?«

»In jungen Jahren war ich in Schlachten verwickelt, immer auf Seiten der Schweden und anderer protestantischer Verbündeter. Dann traf mich eine Kugel ins Bein, und als ich genesen war, taugte ich nicht mehr für lange Fußmärsche, sondern ich wurde Schreiber im Kontor eines Kaufmanns, so dass ich Schriftstücke für die Handelsfahrten ausfer­tigte.«

Und er beschrieb den staunenden jungen Leuten, welche Herrlichkeiten er gesehen, bevor Brandschatzung die Städte vernichtet und entstellt hatte. Sie wurden recht still, und das Gelächter erstarb.

»Doch Ihr seid bei uns, und das ist schön«, sprach einer der jungen Kaufleute, »ich habe so wenige Männer mit allen Gliedern aus dem Krieg zurückkehren sehen, und so wenige, die etwas hatten, das eine Rückkehr wert war.«

»Vielleicht wurde ich beschützt«, murmelte Hieronymus vage. »Ja, mit Gottes Hilfe mag das geschehen sein«, stimmte ihm Cyprian zu, aber ein anderer junger Mann, den die anderen ‚Dima‘ nannten, der bislang nur mit den Augen der Unterhaltung gefolgt war, während er weiter seinen Brei löffelte, legte nun den Löffel beiseite und schüttelte den Kopf. »Das hat allzu vielen nicht genügen können, der Allmächtige hat uns nur sehr unzureichend bewahrt.«

Die anderen schauten ihn missbilligend an.

»Schutz war nicht der Himmel, sondern Eisen«, fuhr der rebellische Junge fort, »und ich vermute, Ihr standet in der Huld von Thieren Gottes, wie man sie irrtümlich nennt, denn sie sind nur Thiere, die vorher riechen, wo es brennen wird, und Euch von dort fortführten.«

»Sollte es so gewesen sein, war ich mir dessen nicht bewusst«, entgegnete Hieronymus und sah den Sprecher direkt an. Der hatte so ein seltsames Funkeln in den Augen.

Bevor Hieronymus aber zu einem Schluss kam, was dieser Mann dachte, wollte und bezweckte, fühlte er eine warme Hand auf seiner Schulter und sah zugleich, wie alle am Tisch Sitzenden auf jemanden starrten, der hinter Hieronymus stand.

»Auf ein Wort, mein Herr Scriptor!« hörte er eine tiefe, klangvolle Stimme hinter sich. Er wandte sich um, soweit es der hochlehnige Stuhl erlaubte. Mit blitzender Hellebarde und wehender Helmzier stand der Stadtwächter hinter ihm, eben seine neue Bekanntschaft vom gestrigen Tag.

Einer solchen Einladung verweigerte man sich nicht. Die jungen Kaufleute schauten ein wenig bestürzt, geradeso, als werde er verhaftet. Die Kollegen vom Tisch der Hagestolze hingegen blickten vergnügt und gespannt herüber, nicht eben so, als drohe Hieronymus Gefahr, sondern, ganz im Gegenteil, eine besondere Gunst. Ein wenig schwankend vor Aufregung erhob er sich und schritt hinter dem Wachmann hinaus.

Ein paar Schritte weiter, wo man sie aus dem Fenster des Pensionshauses nicht sehen konnte, blieb Fido mit einer graziösen Bewegung stehen, die seinen Überwurf schwingen ließ.

»Ich schulde Euch einen Gefallen«, begann er, »da Ihr so freundlich wart, meinen Durst zu stillen. Jetzt warne ich Euch vor einer Gefahr. Ihr wart so klug, ausweichend zu antworten. Aber dieser Jüngling ist einer derer, die Freunde der Thiere Gottes jagen. Er wollte von Euch hören, ob Ihr Euch unter den Schutz der Thiere gestellt habt, und an die Thiere selber wagen sie sich nicht heran. Sie nennen sich »Tschistije«, das heißt, »die Sauberen«, und werden von der russischen Kirche unterstützt. Ich kenne den Knaben, er spioniert unsere Freunde recht geschickt aus, um sie dann mit seiner Rotte zu überfallen und zu verprügeln. Gerade so, als hätte dieser unselige Krieg nicht schon genug Opfer gekostet.«

»Weiß er denn, dass Ihr auch zu ihnen gehört, den…«

Hieronymus zögerte. »… Thieren Gottes? Ja, das weiß er, und darum müssen wir ein wenig Theater spielen, damit er nicht mitbekommt, dass es zwischen uns eine Sympathie gibt. Wenn ich Euch jetzt ein wenig rauh behandle, so denkt daran, dass es zu Eurem Schutz ist.«

Er schob Hieronymus, der deutlich kleiner war, unsanft zur Tür hinein, führte ihn zu seinem Platz und drückte ihn – eher, schubste ihn – auf seinen Stuhl.

»Ich habe Euch gewarnt!« knurrte er, »und dieses Mal lasse ich Euch gehen.«

Damit wandte er sich um und bewegte sich auf die Tür zu. Noch einmal drehte er sich zu Hieronymus.

»Und vergesst nicht: Ich finde Euch, wo Ihr auch seid.«

Wie tröstlich!‘ dachte Hieronymus.

Und noch etwas bemerkte er. Der Griff an seinem Arm, die tiefe, klangvolle Stimme des Wächters, seine große, breitschultrige Gestalt, sein Duft, ja, selbst seine Ruppigkeit berührten den einsamen Schreiber und füllten ihn mit Sehnsucht. Sogar sein Schoß erwärmte sich, und das Organ darin entfaltete sich zu peinlicher Größe, die zum Glück seine Tracht verbergen konnte. Er wünschte, dieser Mann würde ihn Tag und Nacht auf diese Weise umherschieben, mit knurrigen Befehlen und warmer Hand und mit dem Atem in seinem Nacken.

Wenige Sekunden nur, und er saß allein am Tisch; die jungen Kaufleute gingen an ihre Pflichten und grüßten ihn kurz und sichtlich verlegen. Die Legende vom Schutz durch die Thiere Gottes war ja nun abgetan, stattdessen schien es, der Schreiber habe etwas ausgefressen. Eine Kleinigkeit zwar. Doch wirkte Hieronymus so ganz und gar nicht wie einer, der Streiche ausheckt, die die Stadtwache ahndet.

Er warf einen flüchtigen Blick zu dem Tisch mit den Junggesellen. Sie fixierten ihn, wie ihm schien, amüsiert.

Ein wenig verärgert dachte Hieronymus darüber nach, was man nun wohl von ihm hielt. Hatte der Wächter seinen Ruf angekratzt?

Einer der Herren am anderen Tisch gab ihm ein kleines Zeichen. Sie waren nun im Frühstücksraum allein. Die Magd, die das Geschirr abgeräumt, wirtschaftete nebenan und plauderte mit der Köchin.

Hieronymus zögerte, sich zu den fremden Herren an den Tisch zu setzen. Näherte sich aber doch den anderen.

»Ihr seid ein Schreiber des Stadtkommandanten, nicht wahr?« begann einer der Männer.

Hieronymus setzte sich auf den freien Stuhl, wie die Handbewegung andeutete. »Das ist richtig, zu Diensten, mein Herr. Ich schreibe auch für Handelsherren.«

»Schön. Und die Gunst unseres Wachmannes habt Ihr auch schon gewonnen«, grinste einer der Junggesellen.

»Was sagt Ihr da?« Hieronymus zog die Augenbrauen hoch. Musste er sich nicht auch hier vorsehen? Doch das Lächeln dieser Männer war verständnisvoll.

»Hat er Euch vor Dima gewarnt?« fragte der Dritte.

Hieronymus wagte nicht zu antworten. Auch dies konnte eine Falle sein.

»Er hat recht daran getan«, fuhr der erste der Drei fort, »denn diese Knüppelfürsten fallen gern über solche her, die ein Herz für die Thiere Gottes haben. An sie selber trauen sie sich nicht heran, die Feiglinge. Sie wissen, wie wach und schnell unsere Garde ist. Solche wie Ihr, Herr, sind schon eher Beute für diese Jäger.«

Der Zweite der Drei dämpfte seine Stimme, obwohl die klappernden Frauenzimmer in der Küche sie sicherlich nicht hören konnte.

»Scheut Euch nicht, den Wächter zu Eurem Freund zu machen!«

»Warum glaubt Ihr, ich wollte das tun?«

Die Drei lachten verhalten.

»Er hat an Euch Gefallen gefunden, das sieht ein Blinder. Spaziert heute Abend unter dem Wehrgang, nicht lange vor der Ablösung bei Schlag Zwölf. Ihr werdet seine Stimme schon hören. Und nun ruft uns das Kontor.«

Sie erhoben sich, nickten Hieronymus freundlich zu, und auch der erinnerte sich, dass die Glocke von St. Olaf ihm die Bürostunde verkündet hatte. So begab er sich zügig, aber nicht zu eilig, zum Rathaus, vorbei am Kaufmannshaus am Alten Markt, wo bereits Säcke und Körbe an den Winden zu den Speichern schwebten und Kutscher ihre Pferde beim Halfter hielten. Im Rathaus stieg er zu den Amtsstuben hinauf und suchte seinen Platz auf, wo schon zu kopierende Dokumente lagen und der Bürovorsteher ihm einen missbilligenden Blick wegen seiner Verspätung zuwarf. Doch wagte er dem Schreiber des Gouverneurs keinen Tadel auszusprechen.

Die Residenz des Gouverneurs lag eigentlich in der Oberstadt, wo der Adel seine Sitze und seine eigene Kirche, den Dom, hatte. Doch fand der Vizekönig der Schweden es praktischer, eine Amtsstube zu benutzen, die mit der Verwaltung in direktem Kontakt stand. Hier war er nah am Volk, am Markt, an der Wachstube und auch nicht weit vom Hafen entfernt. Er hörte Gerüchte schon lange, bevor seine Beamten sie ihm berichteten.

Es fiel Hieronymus schwer, sich zu konzentrieren. Und es fiel ihm noch schwerer, als das Licht verging und er seine Schreibwerkzeuge einpackte und er hinunter auf den Rathausplatz sah, wo eben die Wachen für die Acht-Uhr-Schicht ausrückten und sich zu ihren Plätzen auf dem Wehrgang begaben. Fido musste dabei sein, aber von hier oben war er nicht zu erkennen. Der Größte vielleicht? Aber es waren einige lange Burschen dabei. Die Helme ließen von hier oben die Gesichter nicht erkennen, und die blaugelbe Tracht der im Sold der Schweden Stehenden machte sie gleich.

Bevor auffiel, dass er hinausstarrte, riss er sich zusammen, schloss Tintenfass und Sandbüchse und rollte und verschnürte die Dokumente, die noch zu bearbeiten waren.

Es würde noch dauern, bis es dunkelte. Nicht einmal die Mitternacht würde ganz finster sein. Hieronymus kam das immer noch wie ein Wunder vor, dabei war er doch nun seit einigen Jahren in diesen nördlichen Breiten. Und wie schwer zu ertragen die langen Winternächte waren! Im Sommer schlief er kaum, das Licht war berauschend.

Noch waren die Dächer in Sonnenlicht getaucht, als er zufrieden in sein Quartier heimkehrte. Wie auch das Mittagsmahl, würde er nun sein Abendessen im Moritzhaus zu sich nehmen. Er setzte sich bewusst so hinter eine Säule, dass er die Eintretenden sah, bevor er selber entdeckt war. Ihm war nicht danach, dass dieser Dima wieder anfing, ihn auszufragen.

Er aß seine Kohlpirogge mit Wohlgefallen. Die Jung­gesellen grüßten ihn durch Kopfnicken und beziehungsreiches Augenrollen. Sollen sie. Heute würden sie ihn nicht zum Brettspiel einladen. Er verließ den Speisesaal früher als sonst und zog sich in sein Zimmer zurück. Kaum merklich dunkelte es. Er beschloss, sich selber eine Kerze zu spendieren, um die Stunden bis halb zwölf nützlich hinzubringen. Oder sollte er ein wenig schlafen? Aber dann würde er das Stelldichein verpassen.

Er erfrischte sich am Waschtisch und legte ein reines Hemd an. Es trug den kleinen Luxus eines schmalen Spitzenrandes. Dann schenkte er sich ein halbes Glas bernsteinfarbenen Südwein ein, um das Flattern in seiner Magengegend zu beruhigen. Bis er gehen wollte, las er noch ein paar Seiten in einem italienischen Roman mit dem Titel »Hypnerotomachia Polyphilii«, »Polyphil sucht die Liebe im Traum«, den er seit Jahren mit sich herumtrug. Dieser war voller Anspielungen auf antike Mythen, die man in der Renaissance so prächtig wiederaufleben ließ, und es machte ihm Vergnügen, gebildete Rätsel zu lösen.

Als es halb zwölf vom Turm der St. Olafskirche schlug, nahm Hieronymus seinen Überwurf vom Haken, versäumte auch nicht, seine silberne Trinkflasche neu zu füllen; seine Aufregung steigerte sich ins Unerträgliche, und er dachte daran, Zuflucht zum Gebet zu nehmen; wenn er aber nun drauf und dran war zu sündigen, was sollte er da beten? Dass die Versuchung an ihm vorbeigehen möge? Das konnte er nicht.

Bis zum Wehrgang, wo er Fido beim ersten Mal getroffen hatte, waren es ein kurzer Fußweg durch die Pferdekopfgasse, dann durch die Große Klostergasse zum Westtor. Noch war die Schicht nicht beendet. Hieronymus setzte sich auf ein niedriges Mäuerchen und schaute zum Wehrgang hinauf. Er hatte etwa eine Viertelstunde beobachtet, wie eine dunkle Gestalt über den hölzernen Gang patrouillierte. Dann erscholl der Ruf: »Aaach-tung!« Der Kommandant beendete die Schicht, die Ablösung rückte an. Der Ruf erscholl: »Erste Wache tritt ab!« Und gleich darauf die Antwort: »Zweite Wache tritt an!« Dann kamen sie geräuschvoll über die eichenen Stufen herab und nahmen Kurs auf ihr Wohnquartier an der Rußstraße, in einem ehemaligen Nebengebäudes des Klosters, das in der Reformation zerstört worden war und seit hundert Jahren einfachsten Zwecken diente.

Ein Mann löste sich aus der Gruppe und kam langsam auf Hieronymus zu, fast zögerlich, so als wollte er nicht den Blick auf ihn lenken.

»Ihr seid hier! Wie schön! Ich habe gehofft, Ihr kommt!« sagte er leise. Hieronymus fand einen Augenblick keine Worte, so sehr überraschte ihn diese Begrüßung. Er schaute sich um; noch immer war es nicht ganz dunkel, und das würde es in dieser Nacht auch nicht werden. Er stammelte irgend etwas, das ebenfalls seine Freude über das Treffen ausdrücken sollte.

Fido legte ihm den Arm um die Schulter.

»Wohin gehen wir?« wollte Hieronymus wissen.

»Zu meiner Familie«, entgegnete Fido.

Der Weg führte sie vom Wehrgang zur Vorstadt. Rechts von ihnen ragten die Masten der Schiffe im Hafen auf. Durch Gärten, vorbei an Einzelhäusern, ging es in Richtung des Meeres. Dies war das eher ärmliche Viertel der Fischer und der Räucherhütten und Salzfässer. Hier wurde Fisch getrocknet und zum Versand gebündelt. Man roch es.

Abseits von den Fischhäusern wanderten sie auf ein vereinzelt stehendes großes Holzhaus zu, das schon nah am Wasser lag. Dort waren noch ein paar Handwerker am Arbeiten, die das letzte Licht nutzten, so schwach es auch war. Einer spaltete Holz für den Herd, ein anderer schnitzte etwas, auch mehr ahnend als sehend, was er tat. Als sie die Ankommenden erblickten, standen sie auf und gingen auf sie zu. Hieronymus blieb einen Schritt zurück, aber Fido legte von neuem seinen Arm um die Schulter seines neuen Freundes. »Dies ist Raptor Noctis, der kleine Bruder meines Vaters, und mein Gefährte Belliabdico.«

Hieronymus war verwirrt, natürlich verstand er sofort die Bedeutung dieser quasi lateinischen Namen – ‚ärgstes Küchenlatein‘, dachte er bei sich – denn der ‚Nachträuber‘ und der ‚dem Krieg Entsagende‘ ließen ihn zu keinem Schluss kommen, ob er es mit einer wilden Horde oder friedliebenden Philosophen zu tun hätte. Noch verwirrter war er, als Raptor Noctis auf Fido zutrat, ihm die Hand um den Nacken legte und ihn zu einem zärtlichen Kuss an sich zog, was sage ich, zärtlich? Das war ein inniges Verschmelzen, Lippen auf Lippen, eine kleine, hervorblitzende Zungenspitze, ein Kuss wie solche, bei denen selbst Verlobte sich nicht gern hätten ertappen lassen. Und zugleich streckte Belliabdico seinen Arm nach Hieronymus aus und schien ihn ebenso begrüßen zu wollen. Hieronymus wich ein paar Zoll zurück und fürchtete zugleich, den anderen zu beleidigen.

Ohne den Kuss zu unterbrechen, streckte Fido seinen Arm aus und legte ihn an die Wange von Belliabdico. Sperrte ihm zugleich aber auch den Weg zu Hieronymus ab.

»Ah, er kennt uns noch nicht?« murmelte Belli­abdico.

Hieronymus war immer noch verwirrt von dem Anblick, dass ein Onkel so seinen Neffen küsste. Raptor Noctis war selbst für ein Thier sehr groß; seine Züge wirkten wild und animalisch, die Augen asymmetrisch, ein wenig eng stehend. Eine Adlernase und ein beinahe zu kräftiges Kinn, das er ein wenig vorschob, wirkten wehrhaft und eigensinnig. Er trug ein Tuch, zum Turban gewunden, mit Federn darin, sein Oberkörper war frei, vom Gürtel abwärts bis zu den Stiefeln verhüllte ihn ein üppig gefaltetes, mit Zickzackmustern geschmücktes Leinentuch. Belliabdico war etwas kleiner, zierlicher, sehr sehnig, in gleicher Weise gekleidet wie der Nachträuber. Seine Haare waren in mehrere Zöpfe geflochten und, anders als die von Raptor, fielen sie ihm auf die Schultern. Seine Ohren waren mehrfach durchstochen und mit drei Paar Ringen geschmückt. Statt eines Tuchs um die Hüften trug er weite, verschossene Beinkleider nach Art der Landsknechte.

Inzwischen waren die beiden anderen mit ihrer Begrüßung fertig. Nun stellte er seinen Freunden den Schreiber vor und wusste sogar seinen Nachnamen. Raptor und Belli wurden die anderen kurz genannt. Hieronymus nahm kaum wahr, wie Fido ihn ins Haus führte, so viel gab es zu sehen. Hier waren noch weitere Bewohner des Hauses beschäftigt, es gab ein Laufen, hinaus, herein, die Treppen hinauf. Kinderstimmen waren in einem Raum zu hören, die von Frauen in einem anderen.

Die Begrüßung, die er gesehen hatte, ließ ihn fast taumeln. Gut, dass da ein Geländer war, an dem er sich festhalten konnte. Kaum, dass er hörte, wie Fido sagte, er wolle seine Wachentracht ablegen. »Folge mir bitte in mein Zimmer.« Eine Tür knarrte, eine Schwelle ließ ihn fast stolpern, Fido lächelte ihm zu.

Hieronymus sah sich um. Eine niedere, aber sehr breite Bettstatt fiel ihm als erstes auf, die mit bunten Decken geziert war, wunderschönen bunten Webarbeiten und Wollstickerei. Es gab einen ebenfalls niedrigen Tisch mit einem kleinen Hocker davor.

»Setz dich doch!« lud Fido ein, der die Bänder seines Wamses löste. Ein wenig unschlüssig sah der Gast sich um, aufs Bett setzen? »Ja, scheu dich nicht!« Er tat es. Er hörte das Knistern des Strohsacks und fühlte die weiche Wolle der Überdecke. Fido war nun beim Hemd angekommen. Ein herrlich gebauter, muskulöser Oberkörper wurde sichtbar, ähnlich denen griechischer Statuen. Fido bewegte sich natürlich und unschuldig, gerade wie Adam vor dem Sündenfall. Ganz furchtlos löste er auch seinen Gürtel. Hieronymus schwankte, ob er schauen oder sich fortwenden sollte. Er verdeckte sein halbes Gesicht mit der Hand, konnte aber nicht umhin, einen kurzen Blick auf den schönen Mann zu werfen. Der kehrte ihm nun die Rückseite zu und ergriff ein Kleidungsstück, das an einem Schrank hing. Fidos Rücken war ebenmäßig und breit. Seine Hinterbacken waren fest und seitlich eingetieft und hatten die gleiche Goldtönung wie Fidos Arme und Beine. Auf seiner linken Hüfte entdeckte Lohebrannt ein Bild. Es war ein Fuchs, der hochsprang, sicherlich, um eine Maus unter dem Schnee zu fangen. Der Stil war altertümlich und erinnerte Lohebrannt an Ornamente aus irischen Büchern. Das Bild hatte eine annähernde Kreisform und war etwa so groß wie ein Handteller. Als sich Fido nun umdrehte, entdeckte Lohebrannt noch einen weiteren solchen Schmuck auf seiner Haut, einen tanzenden Kranich, ebenfalls in kalligrafischer Eleganz ausgeführt.

Fido lächelte, als er seinen Blick sah: »Hautschmuck.«

»Was bedeutet der?«

»Meine Zugehörigkeit zu zwei Stämmen, Füchsen und Kranichen.«

Doch lenkte ihn nun der Anblick von Fidos nacktem Körper ab. Er erinnerte an die männlichen Aktstudien, die Hieronymus in der Werkstatt eines Malers gesehen hatte. Fido band eine gewebte Borte um seine Mitte, ergriff ein großes, gestreiftes Leinentuch und zog es vorn und hinten durch diesen Gürtel, so dass das Tuch durch seinen Schritt verlief und vorn und hinten bis zu den Knien herabhing. Darüber zog er ein Hemd, ebenfalls aus sommerlichem Stoff, blau gefärbt und schon ein wenig verblichen.

Hieronymus hatte schon im Korridor des Hauses ähnliche Kleidung bemerkt, sich aber nicht weiter damit beschäftigt.

Er war es gewöhnt, seltsame Trachten zu sehen.

Der Krieg lehrte das Improvisieren. Die Landsknechte schwelgten gern in üppigen Stoffen, die um ihre Hüften bis zu den Waden wogten, wo sie mit ebenso mächtigen Schleifen gebunden waren. Solche Beinkleider hatten einen Fluss wie geraffte Röcke der Damen und ließen als Herkunft die Plünderung reicher Häuser vermuten. Und so schämten sie sich auch nicht, in gestreiften türkischen Seiden oder venezianischem Blumensamt herumzulaufen.

Fidos Tracht war aus weit schlichterem Stoff, doch verbarg und entblößte sie bei jedem Schritt Oberschenkel und Hinterbacken, so dass Hieronymus nicht wusste, wie ihm geschah.

Fido setzte sich zu Hieronymus auf das Bett.

Jetzt fühlte Hieronymus die Wärme, die vom Körper seines neuen Freundes ausging.

»Ihr wart noch nie bei uns, den Thieren Gottes?« fragte er sanft. Hieronymus schüttelte den Kopf.

»Wie ist das für Euch?«

»Wie…« – Eine solche Frage hatte man ihm noch nie gestellt!

Fido lächelte. »Nun, fühlt Ihr Euch wohl bei uns? Oder möchtet Ihr lieber gehen?«

Hieronymus machte eine kleine Bewegung, wie um sich zu erheben. War das eine höfliche Form, ihn so wieder auszuladen? Hatte er die Erwartung nicht erfüllt – aber wenn, welche dann? Halb erhob er sich schon.

»Na, halt, halt«, zog Fido ihn am Arm, so dass er wieder auf das Bett plumpste, »Ihr fürchtet Euch doch nicht?«

»N-nein, was würdet Ihr mir denn tun, wo Ihr mich doch schon gewarnt habt…«

»Ihr fürchtet uns trotzdem, kann das sein? Auch wenn wir im Dienst der Menschen stehen?«

»Nein, ich fürchte mich nicht. Nur habe ich noch nie…«

Fido kam ihm sehr nah: »… einen Mann geküsst?«

Sein warmer Atem streifte das Gesicht nah vor ihm.

»Rooni«, sagte Fido zärtlich.

Da stieg etwas aus den Tiefen der Vergangenheit, ein Name, den liebe Menschen zu ihm sagten, fast vergessen, geschützt wie ein Küken, das man an seiner Brust im Rock verbirgt, damit es nicht friert und auch nicht zu sehen ist. »Rooni« – wie kann er das wissen? Aber ergibt es sich nicht aus dem Namen, wenn man ihn abkürzen möchte?

Hieronymus spürte einen feinen, verlockenden Duft, konnte ihn nicht zuordnen, ein wenig wie Pilze, wenn man sie in Butter brät… Oder auch wie eine Blume, deren Namen er vergessen hat… Er schloss die Augen und genoss den Moment.

Als er die Augen wieder öffnete, lag er rücklings auf dem Bett, die Beine davon herabhängend, im Sitzen nach hinten gesunken. Er sah die Deckenbalken, den Bettvorhang, eine brennende Kerze auf dem Tisch. Ihm war, als hätte Fido sie entzündet, aber der war nicht hier. Hieronymus richtete sich auf und lauschte auf die Geräusche im Haus. Er hatte wohl einen Moment geschlafen und war noch ein wenig benebelt. Schritte waren auf dem Gang zu hören, dann trat Fido ein. Er trug ein Tablett mit dampfenden Speisen. Dieses stellte er auf dem Hocker ab und rückte beides vor seinen Gast.

»Gut geschlafen?« fragte er sanft.

»Himmelherrgott – wieviel Uhr haben wir es?«

»Halb 3, glaube ich.«

»Hört man hier die Uhr von St. Olaf schlagen?«

»Bei Ostwind ja.«

»Ich weiß nicht mehr, was passiert ist…«

»Das geht nicht nur Euch so, das geschieht, wenn jemand uns nah kommt und uns nicht gewöhnt ist. Sie fallen in Schlaf.« Fido schnitt eine Kohlpirogge auf, während er sprach, und lächelte dann. Hieronymus war zu aufgeregt, um mit dem Essen anzufangen.

»Was ist geschehen?« fragte er.

»Du hast mich geküsst!« antwortete Fido, unmittelbar zum Du übergehend. Hieronymus sah ihn verwundert an. Er bewegte seinen Kopf zur Seite, damit der Schatten seines eigenen Kopfes nicht Fidos Gesicht verdunkelte. Fido lächelte, ohne sich zu bewegen.

»Das kann ich mir nicht vorstellen!« Hieronymus versuchte, ruhig zu wirken, aber es fuhr durch ihn wie ein Blitz. Fido lächelte weiter und neigte seinen Kopf ein wenig nach rechts und wieder nach links. »Mein Dornröschen hat der Kuss nicht geweckt, sondern in Schlaf versetzt«, antwortete er, hob seine Hand und strich seinem Freund, der es ganz erstarrt geschehen ließ, mit einem Finger über die Wange.

»Deine Pirogge wird kalt«, sagte er dann.

Er griff zu einer Karaffe, die ebenfalls auf dem Tablett stand, und goss Wasser in ein Glas. »Ihr Menschen trinkt Wasser nur mit Wein, ist das richtig?«

»Ich bitte darum.«

Fido stand auf, holte eine Weinflasche aus dem Schrank und füllte das bisher halbvolle Glas mit Wein auf.

Hieronymus griff zur Gabel und begann zu essen. Die Pirogge schmeckte ihm ausgezeichnet. Sie war milder gewürzt und weniger gesalzen als im Moritzhaus, aber das fand er jetzt angenehm.

Auch Fido nahm sich ein Stück Pirogge, nahm ein Stück vom Kohlblatt, auf dem die Speise serviert worden war, wickelte es um den Bissen und knabberte daran.

»Keinen Wein für dich?« fragte Hieronymus ein wenig misstrauisch.

»Wir vertragen keinen«, antwortete Fido.

Sie aßen eine Weile schweigend. Durch die angelehnte Tür drang Lärm von unten, Lachen, Singen, ein Saiteninstrument, eine Trommel. Dann kam eine Sackpfeife dazu. Trampeln im Takt, sie tanzten offenbar.

»Deine Leute feiern ein Fest. Möchtest du nicht bei ihnen sein?« fragte Hieronymus seinen Gastgeber.

»Möchtest du denn?«

Hieronymus schüttelte den Kopf. »Ich muss mich erst daran gewöhnen, bei euch zu sein«, sagte er.

»Ja, ich glaube auch«, entgegnete Fido, »und ich bin glücklich, dich für mich zu haben.«

Die freimütige Äußerung schockierte Hieronymus beinahe.

Fido räumte das abgegessene Tablett auf den Tisch. Dann wandte er sich wieder seinem Gast zu. Er hob langsam die Hand, geradeso, als wolle er vermeiden, ein schreckhaftes Tier zu vertreiben. So näherte sich die Hand wieder dem Schreiber, strich ihm die Haare aus den Schläfen, liebkoste das Ohr, die Wange, den Mundwinkel, beugte sich dann wieder vor, bis Hieronymus seinen Atem spürte, verhielt dann aber und schien zu warten. Hieronymus fühlte, wie schnell sein Herz schlug, und in seiner Magengegend war ein Zittern.

Er nahm noch einen Schluck von dem verdünnten Wein. Vielleicht half das. Es war ein wenig Flucht dabei, aus der fühlbaren Nähe seines neuen Freundes. Dann aber kehrte er in diese Nähe zurück. Dies war ein neuer Moment in seinem Leben, einer, der nichts mit seinem früheren Dasein zu tun hatte.

Musste man diese Wesen nicht fürchten, wenn man ihnen allein gegenüberstand? Fern von der Wache, fern von anderen Menschen? Waren sie nicht gefährlich? Waren sie nicht legendäre Krieger und besaßen sie nicht diese messerscharfen Zähne, die sogar nachwuchsen, wenn ihnen einer ausgeschlagen wurde?

Da saß er aber im Kerzenlicht, schaute reglos Hieronymus an und wartete. Und dieser beugte sich wieder ihm zu, schob seine Wange an die des jungen Mannes und verharrte schwer atmend. Der Junge nahm vorsichtig den Kopf seines Freundes in beide Hände und graste mit den Lippen die Wange, den Nasenrücken, endlich die Lippen ab, immer auf den nächsten Impuls wartend. Und ebenso beantwortete Lohebrannt seine zarten Berührungen. Er fasste die Lippen mit den eigenen, fühlte die warme Nässe der anderen Zunge. Eine Gier stieg auf in ihm, vertraut aus Kriegsnächten, doch da mit den Weibern, die den Tross begleiteten. Er dachte an schnelles Stillen des Triebs, an fremd bleibende Körper, nur nah genug, um ihn aufzunehmen, bedrohlich fast in ihrer Massigkeit, wenn er – damals zwanzig, fünfundzwanzig Jahre alt – zu hungrig war, um auf eine innere Stimme zu hören, die kalt und nüchtern unterbrach, was er tat, um zu fragen: »Was tun wir da eigentlich? Wollen wir das wirklich?«

»Hast du je geliebt?« murmelte das Tier an seinem Ohr.

»Meinst du, mit dem Herzen oder mit dem Leibe allein?«

»Mich bewegt alles, was du mir erzählen magst.«

»Ich glaube wohl, aber das ist sehr lange her. Ich war noch fast ein Kind, verlobte mich mit einer Kaufmannstochter, auch sie erst 16 Jahre alt. Dann kam der Krieg, ihr Vater wurde getötet, in aller Eile verheiratete man sie mit einem Älteren, so dass sie versorgt war.«

»Liebtest du sie?«

»Ich war doch so jung, ich weiß es nicht.«

»Dann hast du sie nicht geliebt. Wenn man liebt, weiß man es.«

Als paukte es ihm wer ins Ohr und trompetete es in die Welt hinaus, so begriff er: Er liebte. Jetzt und mit aller Seele.

Sie waren für einander geschaffen, wurde ihm klar. Er ließ Fido die Bänder seines Wamses aufnesteln, den Knopf seines schlichten Kragens öffnen. Er hob seine Hüften, um ihm das Abstreifen seiner Beinkleider zu erleichtern. Fido löste die schlichten, zu einer Masche gebundenen Bänder, die seine Beinkleider um die Knie festhielten, und auch die Strümpfe, ebenso die Schleifen, die die Fülle seiner Ärmel hielten, und streifte ihm das Hemd über den Kopf.

Mit Herzklopfen ließ er es geschehen.

Weiter küsste ihn sein Freund, als Hieronymus in den Kissen lag, schamhaft verglich er sich mit dem jungen Krieger, mit seiner vollkommenen männlichen Figur, was für ein blasser Bürohengst war er doch! Er malte Tag für Tag mit dem Gänsekiel die bezauberndsten Schwünge und Spiralen über die Versalien, die den Brief mit Kaskaden der Ehrerbietung übergossen, und mit den erstaunlichsten Kapriolen der Feder setzten sie gleichsam die Höflichkeiten in Szene und musizierten um sie herum. Aber sein eigener Körper war ein Trauerspiel, nie der Sonne ausgesetzt, krumm vom Schreiben und vom Beugen über die Vorlagen bei schlechtem Licht.

Da glitt nun aber die Hand über seine Brust, liebkoste ihn, massierte ihn, mied nichts, fürchtete nichts, so, als sei alles an ihm schön und wert, gepriesen zu werden.

Als wäre er wieder fünfundzwanzig, so strömte das Blut spürbar durch ihn durch, wo es vorher träg geschlichen war. Und dass er nun steif wurde, trieb ihm Schamröte ins Gesicht. Er zog die Decke über sich; Fido zog sie sanft wieder weg. Liebkoste seine verborgenen Körperteile nicht anders als Ohr und Wange. Küsste ihn, berührte ihn, legte sich über ihn, ohne ihn mit seinem Gewicht zu erdrücken, sondern ließ ihn nur die Wärme und die Festigkeit seines eigenen Körpers spüren und seine männliche Kraft. Er drängte sich Hieronymus nicht auf, ließ ihn nur spüren, was in ihm vorging, so dass der Ältere wusste: Ja, du wirst begehrt. Ich verschmähe dich nicht, im Gegenteil. Du bist der, den ich will.

Nun wurde auch Hieronymus mutiger, strich erst mit den Fingerspitzen über das harte Glied, das nah an seinem stand, erinnerte sich dann, dass ein fester Griff angenehmer sei als zarte Berührung, fasste beherzt zu und entlockte dem Jungen ein Stöhnen. Der eine hielt das Geschlecht des anderen, so erschien es dem Älteren ziemlich genug, wo es sich so gar nicht ziemte, was sie da taten, und so herrlich war es doch. Überrascht von sich selber, konnte er nur schwer dem Wunsch nachgeben, es einfach zu tun. Fido bemerkte sein Zögern. Wieder küsste er ihn.

»Fühlst du dich, als würde ich dich zwingen?« fragte er.

Hieronymus lachte verlegen und schüttelte den Kopf.

»Dann lass alle Furcht fahren«, sprach Fido an seinem Ohr.

So steigerten sie die Lust, einer dem anderen, und wenn Hieronymus noch Anflüge von Scham und Skrupel hatte, vergingen sie in diesem Rausch, der ihn endlich in einem Wirbel von Glück vergehen ließ.

Als er wieder verstand, wo oben und wo unten sei, ob Tag oder Nacht, ob er daheim oder zu Gast sei, ob Männlein oder Weiblein, da kehrte langsam die Scham zurück. Indessen hatte Fido ein Tuch ergriffen und trocknete ihrer beiden Körper. Fido, der ihn danach wieder in das gestickte Tuch hüllte und ihn in seine Arme nahm, spürte, wie die Haltung seines Freundes sich veränderte, wie Arme und Rücken sich verhärteten. Das war nicht eigentlich Abwehr, aber Unbehagen, und das verstand er sofort. Er gab seinem Gast Zeit, sich zu sammeln und zu begreifen, was geschehen war. Er rollte noch eine etwas wärmere Decke über seinen Freund, zog ihn ein wenig näher zu sich und seufzte zufrieden.

»Denkst du, du kannst ein wenig schlafen, mein Lieb­ster?«

Das hörte Lohebrannt kaum noch, denn wieder umfing ihn diese genießerische Trägheit wie vorhin schon. Ein kleiner Gedanke an die Gebräuche im Moritzhaus tauchte kurz auf, daran, dass es nicht beliebt war, wenn man bis nach zehn Uhr Nachts draußen blieb, denn dann öffnete die grantige Schafferin, die nach einem harten Tag noch einmal mit dem Schlüsselbund nach unten steigen und dann wieder hinauf musste. Und erst recht würde er spöttische Kommentare ernten, wenn er in denselben Kleidern zum Frühstück erschien. Aber das war so fern und so unwichtig.

Um Himmelswillen! Lohebrannt zuckte zusammen und sprang auf, als er von St. Olaf her neun Glockenschläge hörte.

Es war Sonntag, und es war bei Strafe verboten, dem Gottesdienst fernzubleiben. Wenn er sich beeilte, konnte er noch zum Introitus dort sein. Wo war Fido?

Hastig fuhr er in seine Kleider. Nicht einmal in der Sauna war er gewesen. Wie sollte er seine Haare kämmen? Er band die Schleifen seiner Beinkleider und stieg in seine Schnallenschuhe. Er hätte fluchen mögen über seine Wamsbänder, doch am heiligen Sonntag schickte es sich nicht. Ganz und gar von Sünde durchdrungen fühlte er sich.

Just als er angezogen war, trat Fido ein. Gänzlich nackt und so schön wie Michelangelos David.

 

Donnerstag, 26. Mai 2022

Nähert sich der Vollendung:

 Band 5 der Reihe "Homsarecs!"


Nachdem die ersten 4 Romane als Urban Fantasy in einer vertrauten, modernen Umgebung spielen bzw. in einer zwar romantisch verklärten, aber doch existierenden, begibt sich die Erzählung nun ins Jahr 1643. Wir suchen Orte im damals schwedisch besetzten Estland auf und machen Ausflüge ins benachbarte Zarenreich. Der Hintergrund ist historisch nachvollziehbar, doch die Helden sind wie gewohnt teils fiktive Personen, teils entstammen sie der märchenhaften Spezies Homo Sapiens Erectus. 

Dies berichtet
von den eigen­thümlichen Sitten
und Un­sitten der Leute, die von den übrigen Menschen
als „Thiere“ bezeich­net werden, und von den
Visionen des Amtsschreibers
Hieronymus Lohebrannt.

Homsarecs sind eine andere Spezies als wir, sie sind wild, scharfzähnig und gefährlich, pan­sexuell, schön und im Kampf unbe­siegbar, und sie schlafen kaum. Im 17.Jh. nennt man sie „Thiere“. Wegen ihrer Kraft und Wachsamkeit be­schäf­tigt der schwedische Gou­ver­neur von Estland sie als Leib­garde. – Am Ende des 30jäh­rigen Krieges sind die Zeiten alles andere als ruhig und geordnet. Hieronymus Lohe­brannt,  Sekretär des Gouverneurs und Kopist königlicher Erlässe, weckt das Interesse feindlicher Spione. Darum stellt der Gouverneur seinen Schreiber unter den Schutz der Thiere.  
Aus dem Schutz­bündnis wird Liebe, und die Thiere weihen ihn in ihre gefährli­chen Ritu­ale ein. Seine Visionen, verstörende Bil­der sagen ihm, dass den Thieren eine schreckliche Zukunft bevorsteht. Darum verfasst  er  ein  Buch der War­nungen.

Freitag, 13. Mai 2022

Meine Gedanken anlässlich eines Artikels in "Unsere Zeit"

 

 Diese Zeitung ist offensichtlich ein Sprachrohr der Putinisten.

»Das russische Militär werde NATO-Waffentransporte in der Ukraine als zu zerstörende Ziele betrachten.«

Das ukrainische Militär betrachtet Waffentransporte aus Russland ebenso als zu zerstörende Ziele, und es ist weitaus effizienter darin als die Russen. Auf der Seite »Oryx-Ukraine« findet sich eine minutiöse und dokumentierte Auflistung aller zerstörten Materialien mit Videos und Fotos.
Die Zerstörung der Infrastruktur ist nicht die Folge der westlichen Waffenlieferungen, sondern gehört zu den russischen Kriegshandlungen, die vermutlich schon vor Beginn der Invasion für den Fall vorgesehen waren, dass es Widerstand gab, aber das war der weniger wahrscheinliche Plan B, wenn man von der strategischen Fehlerhaftigkeit ausgeht.
Die Eskalationsspirale wird nicht »weiter gedreht«, sondern es handelt sich um einen bewaffneten Überfall ohne vorherige Kriegshandlungen der Ukraine. Die Unruhen in den Gebieten Donezk und Luhansk sind eine innere Angelegenheit der Ukraine, zu der man schlecht getarnte Partisanenkräfte geschickt hat, die illegal in die Ukraine eingedrungen sind. Somit sind bewaffnete Handlungen der ukrainischen Regierung die Niederschlagung eines von außen befeuerten Aufstands, in keinster Weise eine Aggression gegen Russland. Eine solche hat es selbst nach der Annexion der Krim – ein eklatanter Völkerrechtsbruch – nicht gegeben.

»Nicht nur diese Männer starben. Wie in jedem Krieg sterben Zivilisten.«

Das ist richtig. Wobei die absichtliche Tötung von Zivilisten ein Kriegsverbrechen ist. Die Beweise für Kriegsverbrechen sind bereits zahlreich und werden täglich weiter gesammelt. Auf ukrainischer Seite gibt es Kollateralschäden, aber bei weitem nicht so viele wie unter den ukrainischen Zivilisten – und sollte es auch dort absichtliche Tötungen von Zivilisten geben, wovon ich bisher nicht gelesen oder gehört habe, dann wird auch da selbstverständlich Gerechtigkeit walten. Was aber sicher ist und wofür die Beweise erst gesammelt werden, sind die Verbrechen, die da begangen werden, wo die Russen die Oberhand haben oder hatten. Hier sind vor allem zu nennen: Verschleppungen – Zivilisten werden ins russische Reich gebracht, ohne dass sie wissen, wohin und ohne nach Osten fahren zu wollen. Wer aus existenzieller Bedrohung gerettet wurde, hat keine Wahl.
Vergewaltigungen sind ebenso wie in vielen früheren Kriegen von oben geduldet und sollen vor allem den Gegner demütigen, dem dadurch gezeigt wird, dass die Männer ihre Frauen nicht schützen können.
Gewalttätige Verhöre und Folter. Die Flüchtlinge, die ins russische Gebiet verschleppt werden, werden selektiert. Bei manchen verraten Tätowierungen die Zugehörigkeit zu ukrainischen Kampfbattaillonen; diese werden die Aussonderung vermutlich nicht überleben. 

Löst ein einseitiger Waffenstillstand Probleme? Pazifismus neu definiert

Der Glaube, irgendwer werde verschont, wenn die Waffen sofort schwiegen, ist eine Illusion. Wir haben gesehen, wie Russland mit seinen eroberten Landstrichen umgeht.Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen und Ladenzentren werden unterschiedslos bombardiert, genau wie die Infrastruktur, Strom, Eisenbahn, Kommunikation. Zivilisten werden wahllos erschossen. Sie werden bewusst ohne Nahrung, Trinkwasser, Licht, Santärmöglichkeiten, Medikamente und Kommunikation nach außen in Schutzräumen eingesperrt.

Das wären die Konsequenzen einer Kapitulation.
Dies zuzulassen ist die bittere Folge eines gewohnheitsmäßig denkenden und ungeprüft handelnden »Pazifismus«.
Die amerikanische Folklore hat uns in unzähligen Westernfilmen eingebimst, dass man verschont wird, wenn man die Hände hebt. Das ist der tragische und scheinbar unausrottbare Denkfehler im deutschen Pazifismus, verbunden mit dem zweiten Denkfehler, nämlich dass es per se böse sei, bewaffnet zu sein. Eine große Zahl von Nationen ist wehrhaft und hat doch niemals einen Angriffskrieg geführt. Oder kann sich jemand daran erinnern, dass in diesem oder dem vorigen Jahrhundert die Schweiz oder Finnland einen Angriffskrieg begonnen hätten?
Wir Pazifisten müssen Pazifismus neu definieren. Der Begriff muss auch die Möglichkeit enthalten, einem unschuldig Angegriffenen mit Waffen zu Hilfe zu eilen. Das Eilen sehe ich nicht, sondern nur Schuldzuweisungen an das Opfer. Das wird uns noch schwer auf die Füße fallen.

In einem Krieg und unter der toxischen Propaganda Putins verlieren die Menschen ihren Gerechtigkeitssinn. Vielen Leuten, die man in russischen Städten befragen würde, ist nicht einmal klar, dass die Ukraine ein souveräner Staat ist wie -- sagen wir Japan oder Marokko. Sie sehen es nicht als feindlichen Übergriff, sondern als ordnendes Eingreifen mit Berechtigung.

Darum kommt so wenig Widerspruch aus der Bevölkerung.

Montag, 2. Mai 2022

Zu Pasolinis Film "120 Tage von Sodom"

Auf der Facebook-Seite "Faktastisch" war folgender Artikel zu lesen:

Pasolinis Film "Die 120 Tage von Sodom"

Ich fühlte mich genötigt, auf einige der Kommentare zu antworten.
Meine Antworten habe ich zusammengefasst und ergänzt. Hier meine Antwort:

Es hat mit Kunstfreiheit nichts mehr zu tun. Und das sage ich als Sadomasochistin, die tief in die Szene eingetaucht war. Es ist eine mörderische Verfälschung, die Fantasien des Marquis de Sade in Folter und Freiheitsberaubung umzusetzen. Dieser Regisseur Pietro Paolo Pasolini (*1922, +1975) hatte nicht das Recht, Sexpraktiken, die unbedingt einvernehmlich sein müssen, zu benennen und sie dann als Folter zu inszenieren. Selbst wenn wir wissen, dass es sich um gestellte Szenen handelt: Die Fantasien de Sades waren Fantasien, die er nicht 1:1 in die Realität umgesetzt wissen wollte. Es gibt keine Praktiken mit ernsthaften Verletzungen, die ihm je nachgewiesen werden konnten. Somit darf sich PPP nicht auf ihn berufen.
Der politisch korrekte Sadomasochismus hält sich an Regeln und hat ein Ethos, das Freiwilligkeit, Sicherheit und klare Sinne verlangt. Das heute übliche Kürzel BDSM steht dafür.
Ein Filmprodukt wie das oben beschriebene (und ja, ich habe die 120 Tage von Sodom gelesen!) ist eine bösartige Attacke auf die Freiheit der Sexualausübung und ködert verlogen durch Szenen, die dennoch auf sexuelle Trigger spekulieren.
„Da ist viel Sex drin, eher in Richtung Sado-Masochismus, der eine ganz bestimmte Funktion hat – nämlich den menschlichen Körper auf eine verkaufsfähige Ware zu reduzieren“, erklärt der Regisseur seine Beweggründe.
In dieser Hinsicht ist er im Irrtum, was alle BDSM-Aktivitäten ohne kommerziellen Bezug betrifft. Und auch die kommerziellen Aktivitäten müssen sorgfältig unter die Lupe genommen werden, um zu untersuchen, ob es da eine Schnittstelle von sexueller Ausbeutung und SM-Praktiken gibt, die ich nicht kenne. Sadomasochismus an sich hat zu allerletzt den Grund, den Pasolini da annimmt, und wo auf "verkaufsfähige Ware reduziert" wird, geht es zum allergrößten Teil um den handelsüblichen Sex. Sofern da Praktiken aus dem SM mitspielen, kann das sicherlich in der Zwangsprostitution geschehen; aber schon das Wort "Zwang" trennt solche Brutalitäten vom Bereich BDSM ab, der auf Freiwilligkeit beruht. Das ist seine Conditio sine qua non, das entscheidende Merkmal.
Unter den Reaktionen auf der Facebookseite waren auch die "kleinen Angeber", die sich in etwas pubertärem Tonfall darüber ausließen, dass sie schon Grausameres gesehen hätten, es würde ihnen nichts ausmachen, das sei langweilig.
Unser Gehirn kennt in der Entwicklungsgeschichte erst seit 100 Jahren den Film. Wenn die Menschheitsgeschichte ein Tag wäre, dann wäre das ein Bruchteil einer Sekunde. Unsere wichtigen Gehirnteile verstehen den Unterschied zwischen Film und Realität nicht. Würden wir sonst bei sehr spannenden Filmen Herzklopfen bekommen? Welchen Sinn macht es, Adrenalin auszuschütten, wenn man in der warmen Wohnung vor dem Bildschirm sitzt?
Darum kann man das vergleichen: Weil der verrohende Effekt ähnlich sein kann, wenn man dafür empfänglich ist oder sich oft und lange genug mit solchen Inhalten befeuert.
Das Gehirn ist programmierbar.

"Die 120 Tage von Sodom", Marquis de Sade

Ich habe es gelesen. Und man darf nicht vergessen: De Sade hat seine Vorstellungen niemals 1:1 in die Tat umgesetzt, sondern er wusste, dass es Fantasien sind. Sadomasochismus, der auf seinem Namen beruht, wird üblicherweise so praktiziert, dass alles freiwillig, unter Erwachsenen, mit klarem Verstand und unter größtmöglicher körperlicher und emotionaler Sicherheit geschieht. Das Spiel mit Schmerz kann äußerst erhebend sein, aber es muss auf jeden Fall in einem abgesicherten Rahmen geschehen. Was Pasolini da aber macht, ist sowohl für die Konsumenten ohne BDSM-Neigung schädlich, als auch für BDSM, der korrekt ausgeübt wird. Er hat wohl den heuchlerischen Weg gewählt, sich einerseits an der Thematik zu delektieren und seine Gelüste mit dem Beobachten der Schauspieler auszuleben, zugleich aber die Darstellung so angelegt, dass Widerwille und moralische Verurteilung erfolgen MUSS. Das heißt, es ist ein Anti-BDSM-Propagandafilm der heuchlerischsten Art.

Montag, 31. Januar 2022

Als Gott Adam erschuf, übte sie noch...

 

Warum kann und darf Eva nicht alles, was Adam darf und kann, sofern das physisch möglich ist?
Wann wird ihre geistige Leistung von Adam endlich anerkannt? Vielleicht, wenn er mal so intelligent ist wie Eva, denn solange er das nicht ist, kann er ja die Höhe ihrer geistigen Leistung nicht erkennen.
Man erzählt ihm nur, er könne das.
Und neuerdings behaupten viele Evas, er müsse nur immer an sie denken, und schon sei das Mittel gefunden, das sie mit der Zeit gleichberechtigt machen wird, nämlich Eva bei jeglichen Aussagen, die beide betreffen, auch mitzubenennen. So seien sie natürlich die Erzieher*innen von Kain und Abel, sie seien die Paradiesgärner*innen, auch nach ihrer Vertreibung, na, dann sind sie eben Bäuer*innen und Bewohner*innen des Erdkreises, fruchtbar und sich mehrend. Und binnen weniger Generationinnen würde niemandin mehr an irgendeine Tätigkeit denken, die nicht auch Holzfäller*innen und Steinschlepper*innen beinnenhaltet. Und ist Kain, der Abel erschlug, nicht auch eine Verbrecherin?

Oh, haltet inne!

Meine Vermutung ist böse. Gerade wenn man ein etwas fließendes Genderbewusstsein hat, müsste einen doch die Überbetonung des Geschlechtsunterschiedes stören. Erfolgreich waren die Autorinnen, die sich ein männliches Pseudonym gaben oder nur Anfangsbuchstaben des Vornamens. J.K.Rowling. Sind wir jetzt wieder dabei, den Frauen einen Button anzuheften, damit man gleich weiß, "ach, das hat ja nur eine Frau gemacht"...

Mir geht es so: Mein Leben lang wollte ich Gleichbehandlung mit den Männern. Es hat mich wütend gemacht, wenn meine Leistungen als "weibliche Arbeit" abgesondert wurden. Der nächste Schritt ist nämlich dann die Minderbewertung. Was hat es mit meinem Körper zu tun, wenn ich einen Batchfile für ein Programm schreibe? Das mache ich mit dem Kopf und nicht mit was anderem. Durch die ständige Bewusstmachung des Geschlechtsunterschiedes reißt man Gräben auf zwischen den Geschlechtern, die schon ein Stück weit eingeebnet waren. Das halte ich für einen Rückschritt. Da wird den Frauen von neuem ein Gehege gebaut, innerhalb dessen sie häkeln und kochen dürfen.
Aber dass dies nicht die gesellschaftliche Realität ist, sieht man an der Rolle, die Frauen inzwischen in der Politik spielen. Das aber ist die Folge ihres Engagements, ihrer Bereitschaft, öffentliche Ämter anzunehmen, ihrer wachsenden Kompetenz. Das Rückzugsgefecht der Gegner*innen dieser Entwicklung ist, Leistungen von Frauen weiter anzuzweifeln, ihre Autorität zu untergraben, ihr keinen Startkredit zuzubilligen.
Es muss doch um Mitwirkung, Teilnahme und letztendlich Macht gehen. 
Sprache spiegelt nur wider, was schon ist, sie kann auch destruktiv sein, aber wenn sie die Macht hätte, reale gesellschaftliche Verhältnisse zu ändern, dann hätten wir ein Matriarchat, seit unsere Höflichkeitsform "Sie" lautet und seit alle Plurale, auch für "die" Diktatoren, ein weiblicher Artikel sind. Grammatisches und natürliches Geschlecht zu unterscheiden, ist eine Spitzfindigkeit für Linguisten, aber wir haben keine 80 Millionen Linguisten, sondern lauter Menschen, die den Klang von "Sie" und "die" hören. Und der trotzdem die gesellschaftlichen Realitäten allein nicht verändert.

Dienstag, 14. Dezember 2021

Der sadomasochistische Paradiesgarten hat seine Schöpferin verloren

 

Ann Rice starb im Alter von 80 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls, genau 19 Jahre nach dem Tod ihres Mannes, wie ihr Sohn bekanntgab.

Als Anne Roquelaure verfasste sie die ersten drei Bände ihrer "Dornröschen"-Tetralogie, im Original die "Beauty"-Reihe. Dies ist eine Romanfolge über die erotischen Abenteuer einer Prinzessin, die von ihrem Prinzen wachgevögelt und auf seinem Schloss in Dienst genommen wird. Diese zeitweilig indizierte und immer noch nicht ganz leicht zu findende Reihe ist inzwischen komplett bestellbar und hier aufgeführt: https://www.buechertreff.de/buchreihe/12696-die-dornroeschen-trilogie-the-sleeping-beauty-a-n-roquelaure-reihenfolge/

Der vierte Band ist bislang nur in Originalsprache Englisch erschienen.

Während die Autorin in den ersten drei Bänden noch frisch von der Leber weg herumvögeln ließ, zeigt sie sich im vierten Band zwar immer noch sehr erotisch und an-/erregend, jedoch begegnet man auffallend deutlich dem Bemühen, das Buch politisch korrekt zu halten. Die Einvernehmlichkeit der sexuellen und sadomasochistischen Handlungen wird bewusst herausgestellt und zum Programm erklärt, wo es sich in den ersten drei Bänden doch gelegentlich um eine Umgehung der deutlichen Zustimmung handelt. Ich denke, das ist einer moralischen Verschärfung zu "danken", die vielleicht sogar übertrieben ist, denn schließlich handelt es sich im Gesamtrahmen der Erzählungen um Märchenreiche mit Schlössern, Dörfern mit mittelalterlichen Bräuchen und einem durch und durch fiktiven Setting. Die Sorge um Korrektheit ist merklich einem Zeitgeist geschuldet, der mit Neoprüderie die kleinsten Verstöße ahndet, wie berechtigt auch die Aufdeckung großer Verstöße sein mag.

Hinzu kommt, dass es schlechterdings sehr schwierig und aufwendig wäre, die Verhältnisse so zu rekonstuieren, die in den Romanen geschildert werden, dass man die sehr reizvollen Sklavenversteigerungen oder -bestrafungen im realen Leben nachspielen könnte. Möglich, dass dieser Roman aber doch an einigen Orten wie dem Catonium mit seiner gotischen Halle für die Gestaltung der Räume Pate gestanden haben mag.

Die drei ersten Dornröschenbücher sind aufregend und süß. Sie sind ein typisches Beispiel dafür, wie ein fröhlicher, unschuldiger und menschlich korrekter Sadomasochismus literarisch vorgestellt und ins echte Leben integriert werden kann. Die Handlung stößt sich wenig daran, dass sich auch einmal Männer miteinander in ein sexuelles Gerangel einlassen, es gibt allerlei Varianten von Machtgefälle, Diener dienen den Herrschaften, Gastwirte bedienen sich an ihren Mägden, oder diese werden von der Wirtin mit harten Wurzelbürsten in der Holzbütte abgeschrubbt, ungeachtet, dass eine davon eine Prinzessin ist. Verstöße gegen die Regeln fliegen auf und werden mit drastischen, aber niemals schädlichen Mitteln bestraft. Die bockige Prinzessin wird also durch Verbannung ins Dorf erniedrigt, auch eine Entführung durch orientalische Piraten bringt Farbe in das Spiel, menschliche Ponies werden ausführlich dressiert und eingesetzt, Rollen werden getauscht, die anfangs erniedrigte Prinzessin wird schließlich auch in einer herrschenden Rolle gezeigt.

Ich verdanke dieser Autorin, die uns zwar in hohem Alter, aber irgendwie doch zu früh verlassen hat, dass ich meine Leidenschaft entdeckte. Ich war da schon 40 Jahre alt, aber endlich lief mir da eine Literatur über den Weg, die sich mit meinem Körper kurzgeschlossen hat.

Während viele Schauermärchen von tragisch endenden "Sado-Maso"-Dramen (Gott straft die Sünder!) unzensiert die Medien erreichen durften, hat uns die Zensur, getarnt als Jugendschutz, jahrelang eines der wenigen Werke vorenthalten, die ich auch Jugendlichen zu lesen gestatten würde, denn sie sind moralisch weit erhaben über den reaktionären Dreck, der sich per Internet in die Handys von Kindern verteilt und ihnen ein menschenverachtendes Geschlechterverhältnis vorlebt.

Wenn die Kids schon so gruselig aufgeklärt sind, könnten die Dornröschenbücher vielleicht sogar die Medizin sein, die eine spielerische, unbeschwerte Sexualität vorführen, eine, bei der Frauen bei allen Schikanen letztlich nicht verachtet werden, sondern ebenso triumphierend aus den Prüfungen hervorgehen können. Eine Verfilmung dieser Bücher könnte der glückliche Ausweg aus dem Konflikt zwischen den Polen sein, die heute das Spannungsfeld definieren, zwischen hemmungsloser, patriarchaler Ausbeutung von Frauen im Online-Porno und einer verkniffenen Neo-Prüderie aus amerikanisch-puritanischem Geist.

Es ist bedauerlich, dass Ann Rice fast nur für ihren Vampir-Roman bekannt ist, so gut er sein mag, und nicht für die Bücher, die ihre zutiefst humane und liebevolle Einstellung zur Sexualität allgemein und BDSM speziell ausgedrückt haben.


 

Freitag, 2. Juli 2021

Galerie-Blog heute neu!


Um meinen Lesern und Blog-Besuchern ein wenig Überblick über meinen Roman zu geben, habe ich angefangen, die Charaktere in einem Sonderblog darzustellen. Illustriert wird dieser mit Porträts, die ich von den Charakteren gezeichnet und digital koloriert habe. Außerdem gibt es hier eine kurze Darstellung der Situation und Links zu den Personen, die mit den Dargestellten in Verbindung stehen. Auf diese Weise reiße ich den Inhalt schon ein wenig an und stelle den Zusammenhang her.




Tag 31: Was sind deine nächsten Ziele, und welche Schritte stehen dir als Nächstes bevor?

  #charactersofoctober #desschreiberswildeträume Fido: Mein Ziel ist es, den Kurs der Annäherung von Menschen und Thieren weiter zu verfo...